Die europäische Einigung und die Bundesrepublik Deutschland

  Europa ist mit 10,5 Mio km2 der viertgrößte Kontinent der Erde. In Bezug auf die Bevölkerung ist Europa mit 706 Mio Einwohnern nach Asien mit 3 Mrd Einwohnern der zweitgrößte Erdteil. Geologisch bildet Europa mit Asien Eurasien und die eurasische Platte. Die Grenze von Europa zu Asien verläuft im Osten vom Uralgebirge im Norden bis zum Kaspischen Meer im Süden; vom nördlichen Kaspischen Meer geht  die Grenze nach Westen über die sogenannte Manytsch-Niederung nördlich des Kaukasus-Gebirges. Die Grenzen im Norden, Westen und Süden werden von der Barentssee, dem Atlantik und dem Mittelmeer gebildet. 

Mit den europäischen Teilen von Russland und der Türkei gehören mehr als 40 Staaten Europa an. Offiziell werden in der Europäischen Union elf Amtssprachen geführt. Selbstverständlich gibt es in den Nicht-Mitgliedsstaaten der EU noch viele weitere Sprachen und Dialekte.
Seinen Namen hat Europa von der gleichnamigen griechischen Sagengestalt, einer Schwester des Kadmos, die von Zeus in Gestalt eines Stieres entführt wurde (vgl. das Foto der 2-Euro-Münze Griechenlands).
Die Europäische Union, abgekürzt EU gibt es seit dem In-Kraft-Treten des Vertrags von Maastricht (eine Stadt in Holland) am 1. Januar 1993. In die EU sind die seitherigen europäischen Gemeinschaften wie
- EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, gegründet mit den Römischen Verträgen im Jahre 1957),
- EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, auch Montanunion genannt, die schon 1951 in Paris gegründet wurde und somit die erste europäische Organisation war, der staatliche Hoheitsrechte übertragen wurden) und
- EURATOM (Europäische Atomgemeinschaft, die sich der friedlichen Nutzung der Atomenergie verschrieben hat und 1957 gegründet wurde)
übergegangen. Zum Zeitpunkt des Maastrichter Vertrags waren 12 europäische Staaten Mitglied der damaligen Europäischen Gemeinschaft (Frankreich, Italien, Deutschland, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Großbritannien, Irland und Dänemark, Griechenland, Portugal und Spanien). Für diese 12 Staaten stehen auch heute noch die 12 Sterne in der EU-Flagge. Erst 1995 kamen Finnland, Schweden und Österreich zur Europäischen Union hinzu. Norwegen lehnte 1994 per Referendum (Volksentscheid) eine Mitgliedschaft ab. Die Schweiz lehnte diese schon 1993 ab und bleibt so quasi eine „Insel“ im Gebiet Mittel- und Westeuropas.
Ziel des Staatenbundes der Europäischen Union ist neben dem Gemeinsamen Markt und der Friedenssicherung in Europa auch die Abstimmung weiterer Politikfelder, so etwa der Außen- und Sicherheitspolitik und der Innen- und Rechtspolitik. Rechtssetzungsbefugnis hat die EU im Bereich der Agrarpolitik und bei den Richtlinien zur Umsetzung des Binnenmarktes. Allerdings darf die EU nur auf den Gebieten tätig werden, wo ihr  durch Verträge ausschließliche Kompetenz zugestanden wurde. Die Selbstständigkeit der 15 EU-Staaten bleibt durch das sogenannte „Subsidiaritätsprinzip“ gewahrt.
Einen großen Schritt in Richtung Einigung Europas hat die Einführung des Euro bedeutet. Schon seit 1. Januar 1999 gab es die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, mit der die Währungshoheit an die Europäische Zentralbank (Sitz in Frankfurt/Main, Präsident noch bis Mitte 2003 Wim Duisenberg) übergeben wurde. Seit 2002 ist der Euro auch Zahlungsmittel in insgesamt 12 Staaten der EU (nicht in Großbritannien, Schweden und Dänemark; allerdings im Vatikan, San Marino und Monaco)

Europäischer Binnenmarkt
Der Europäische Binnenmarkt umfasst etwa 377 Mio Bürger und mehr als 19 Mio Unternehmen. In Deutschland handeln etwa 400.000 Untenehmen mit Waren innerhalb der EU.
Das Ziel des europäischen Binnenmarktes ist es, bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu werden. Als Reformen hierfür werden u. a. eine weitere Liberalisierung der Verkehrs- und Versorgungswirtschaft (was z. B. Privatisierung von Bahn, Energieunternehmen usw. bedeutet), Verbesserung der Wettbewerbs- und Fusionskontrollvorschriften und eine bessere Zusammenarbeit der Verwaltungen genannt.
Um mit den Wirtschaftsriesen der Welt, USA und Japan, wirtschaftlich Schritt halten zu können, war das Ziel des Europäischen Binnenmarktes schon in den Römischen Verträgen aus dem Jahre 1957 formuliert. Endgültig umgesetzt wurde dieser europäische Binnenmarkt allerdings erst im Jahr 1993.  Seit diesem Datum sind die Grenzen für Menschen, Waren, Dienstleistungen und Kapital in Europa beseitigt worden. Diese sogenannten „vier Freiheiten“ (freier Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Personen und Kapital) bedeuten, dass jedes Produkt, das in einem Mitgliedsland auf den Markt gebracht wurde, in jedem anderen verkauft werden darf. Dadurch wird u. a. der innereuropäische Wettbewerb deutlich gestärkt. Außerdem werden die Handelsbeziehungen innerhalb Europas spürbar vereinfacht und so intensiviert. Handelshemmnisse wurden mittlerweile weitgehend abgebaut, so etwa Personen- und Warenkontrollen an den Binnengrenzen, die es spätestens seit dem In-Kraft-Treten des Schengener Abkommen nicht mehr gibt (an den Binnengrenzen der beteiligten Staaten gibt es keine Personenkontrollen mehr!). Zölle werden zwischen den Mitgliedsstaaten schon seit 1968 nicht mehr erhoben. Seit diesem Datum trat auch ein gemeinsamer Außenzolltarif in Kraft.
Noch keine einheitlichen Regelungen innerhalb der Europäischen Union gibt es im Bereich der Steuerpolitik. So differiert etwa die Mehrwertsteuer von 25 % (Dänemark, Schweden) bis 16 % (Deutschland, Spanien) bzw. gar 15 % (Luxemburg).
Einen wichtigen Impuls für den europäischen Binnenmarkt hat auch die Einführung des Euro als Zahlungsmittel gebracht. Dieser ist allerdings angesichts der weltkonjunkturellen Situation des vergangenen Jahres (2002) weitgehend verpufft und hat also nicht die erwarteten Steigerungen des Wirtschaftswachstums und damit der Senkung der Arbeitslosenzahlen mit sich gebracht.
Die vier Freiheiten des europäischen Binnenmarkts im Überblick
Freier Personenverkehr
- Wegfall von Grenzkontrollen (verwirklicht!)
- Harmonisierung der Einreise-, Asyl-, Waffen- Drogengesetze (in der EU noch nicht verwirklicht!)
- Niederlassungs- und Beschäftigungsfreiheit für EG-Bürger (verwirklicht!)
- verstärkte Außenkontrollen (an Grenzen zu Nicht-EU-Staaten; verwirklicht!)
Freier Warenverkehr
- Wegfall von Grenzkontrollen (verwirklicht!)
- zoll- und abgabenfreier Import und Export innerhalb der EU (verwirklicht)
- Harmonisierung oder gegenseitige Anerkennung von Normen und Vorschriften (noch nicht verwirklicht; vgl. etwa die unterschiedlichen Bestimmungen in den Spritzmittelverordnungen)
- Steuerharmonisierung (muss noch erfolgen!)
Freier Dienstleistungsverkehr
- Liberalisierung der Finanzdienste
- Harmonisierung der Banken- und Versicherungsaufsicht
- Öffnung der Transport- und Telekommunikationsmärkte
Freier Kapitalverkehr
- Größere Freizügigkeit für Geld- und Kapitalbewegungen
- Schritte zu einem gemeinsamen Markt für Finanzleistungen
- Liberalisierung des Wertpapierverkehrs (Aktien!)

Frederik (Frits) BolkesteinInsgesamt muss festgehalten werden, dass seither erst etwa zwei Drittel der Maßnahmen für die tatsächliche Verwirklichung des Binnenmarktes umgesetzt wurden. Insbesondere die Steuerpolitik, aber auch Umweltvorschriften im Bereich der Produktion gehen noch weit auseinander. Auch die Sozialleistungen sind noch längst nicht europaweit einheitlich. So schwankt etwa die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit noch zwischen ca. 42 Stunden (Portugal) und 38 Stunden (Belgien). In Griechenland sind 22 Urlaubstage pro Jahr üblich, in den Niederlanden sind es 36,5 Tage. Dagegen gibt es in den Niederlanden nur 6 Feiertage, wogegen in Portugal und Spanien an 14 Tagen Feiertag ist. Heftig gefordert wird immer wieder, dass europaweit Mindestlöhne eingeführt werden sollen, um die Wettbewerbsnachteile von Ländern mit hohen Lohnkosten (so etwa Deutschland) zu verringern. Derzeit müssen z. B. große Bauprojekte europaweit ausgeschrieben werden, was bedeuten kann, dass die örtliche Bauwirtschaft ganz ohne Aufträge bleibt.  
(Foto: Frederik Bolkestein, der Binnenmarkt-Kommissar in der EU-Kommission)

Konsequenzen des Binnenmarkts Jeder EU-Bürger kann im Bereich der Europäischen Union seinen Wohnsitz frei wählen, ein Studium beginnen, eine Arbeit annehmen, ein Geschäft eröffnen. Dies sind einige Punkte, die jeden ganz persönlich treffen (können).
Für die Wirtschaft entstehen durch den Wegfall der Kosten für Grenzformalitäten (dadurch können Transportkosten bis zu 50 % sinken), das freie Angebot der hergestellten Produkte, den verstärkten Wettbewerb und durch die Öffnung der Märkte große Vorteile, weil die Zahl möglicher Kunden steigt und geringere Produktionskosten möglich werden. Gerade die Wettbewerbsverschärfung kann allerdings auch Nachteile für einzelne Wirtschaftsbereiche oder Regionen haben. So wird im Zusammenhang mit dem europäischen Binnenmarkt befürchtet, dass soziale Errungenschaften oder wirtschaftliche Vorteile in den einzelnen Staaten eher dem Durchschnitt angeglichen und damit eventuell wieder eingeschränkt werden. Soziale Errungenschaften oder entsprechend hohe Lohnkosten bedeuten natürlich immer auch hohe Produktionskosten, was dazu führen kann, dass die Produktion in andere, kostengünstigere Mitgliedsstaaten verlagert wird. So wird das in Europa durchaus feststellbare Wohlstandsgefälle (Stichwort Billiglohnarbeiter) als Nachteile des Binnenmarkts gesehen. Zudem können Sicherheitsprobleme durch die erhöhte Bewegungsfreiheit, die eben auch von Kriminellen genutzt werden kann, entstehen und müssen durch gemeinsame polizeiliche Anstrengungen (Europol) eingedämmt werden. Immer wieder wird auch darauf verwiesen, dass eine tatsächliche Wettbewerbsfreiheit auch dadurch nicht gegeben ist, dass die Gesetze und Vorschriften, die für die Produktion (z. B. beim Obstbau oder in der Landwirtschaft insgesamt oder z. B. in den Umweltvorschriften) gelten, unterschiedlich sind.
Die Zuordnung zu Vor- bzw. Nachteilen lässt sich nicht immer leicht vornehmen. Eine Konsequenz des Europäischen Binnenmarktes ist jedenfalls auch, dass sich zusehends Wirtschaftskonzerne auch über nationale Grenzen hinaus bilden. Damit wird zunächst eine höhere Wirtschaftlichkeit erzielt. Allerdings bedeuten Fusionen, also Zusammenschlüsse von Unternehmen immer auch die Gefahr, dass sich marktbeherrschende Anbieter gegenüber ihren Konkurrenten durchsetzen und so eine Monopolstellung erzielen. Diese Gefahr wird immer wieder im Hinblick auf die Fusionsbewegungen in der Energiewirtschaft oder im Bereich der Telekommunikation diskutiert.
Dem stehen allerdings – wie bereits oben ausgeführt – Vorteile für die Konsumenten (verschärfter Wettbewerb), für Arbeitssuchende (größerer Arbeitsmarkt), für Unternehmen (freier Waren- und Dienstleistungsverkehr) usw. entgegen. Gerade für eine exportorientierte Wirtschaft, wie es die deutsche Wirtschaft ist, verringern sich die Risiken (z. B. Wechselkursrisiken) deutlich. So geht etwa die Hälfte der deutschen Exporte in EU-Länder (10 % der Exporte gehen in die USA). Exporte, die nicht in EU-Länder gehen, sind stark vom Dollarkurs abhängig. Ein starker Euro (wie derzeit, wo der Euro für 1,10 Dollar gehandelt wird) bedeuten eine Verteuerung deutscher Produkte und damit eine geringere Nachfrage auf dem Weltmarkt, der ganz wesentlich vom Dollar bestimmt wird.

Der Euro als gemeinsame Währung  
Die europäische Wirtschafts- und Währungsunion besteht bereits seit dem 1. Januar 1999. Seit diesem Datum gilt der Euro. Als alleiniges Zahlungsmittel wurde der Euro zum 1. Januar 2002 in den sogenannten Euro-Ländern eingeführt. Die Gründe für die Einführung des Euro sind, dass durch Wegfall der Umtauschgebühren und Wegfall der Wechselkursrisiken die Unternehmen besser kalkulieren können und so der gemeinsame europäische Binnenmarkt gestärkt wird. Seit Einführung des Euro als Zahlungsmittel ist auch ein europaweiter Vergleich der Preise möglich. Der Warenaustausch wurde dadurch erheblich vereinfacht.
Voraussetzungen für die Einführung des Euro (die sogenannten „Konvergenzkriterien“), die mit dem Vertrag von Maastricht (1992), der die Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion vorsah, verabschiedet wurden, waren und sind:
- stabile Preise: Inflationsrate liegt maximal 1,5 Punkte über dem Schnitt der preisstabilsten
EU-Länder
(Anmerkung: Die Inflationsrate wird in Deutschland mit dem sogenannten „Warenkorb“ ermittelt. Das bedeutet, dass man vergleicht, in welchem Maß die Kosten für die circa 750 Güter und Dienstleistungen, die in diesem „Warenkorb“ gemäß ihres Anteils an den Lebenshaltungskosten berücksichtigt werden, also vom Strom über Lebensmittel bis zu Öl, Versicherungen, Miete, Reinigungsmittel usw. steigen. Als Vergleichszeitraum dienst entweder der Vormonat oder der Monat des Vorjahres. Derzeit haben wir etwa eine Inflationsrate, bezogen auf den Vormonat von 1,6 %, wobei diese hohe Rate vor allem auf den Anstieg für Benzin und Heizöl zurückzuführen ist.)
- niedrige Zinsen: langfristige Zinsen maximal zwei Prozentpunkte über dem Durchschnitt der drei preisstabilsten EU-Länder
- geordnete Staatsfinanzen: Haushaltsdefizit bei maximal 3 % des Bruttoinlandsproduktes
(Anmerkung: Dieses Kriterium wird derzeit von Deutschland nicht erfüllt. Das Bruttoinlandsprodukt, also der Geldwert aller im Jahr erzeugten Waren und Dienstleistungen, wobei nur statistisch erfassbare Daten ermittelt werden, also nicht unbezahlte Hausarbeit, Schwarzarbeit und Umweltschäden, beträgt in Deutschland circa 2.000 Mrd €. Für die Haushaltsdefizit werden alle öffentlichen Haushalte herangezogen, also auch die der Länder und Kommunen.)
- Verschuldung der öffentlichen Haushalte insgesamt maximal 60 % des BIP (=Bruttoinlandsprodukt).

Michaele Schreyer - EuroveranstaltungDie Einführung des Euro – eine Bilanz: Die Gesellschaft für deutsche Sprache e.V. (Wiesbaden) hat entschieden: Die Wahl zum Wort des Jahres gewann der "Teuro", also eine Schöpfung aus den Wörtern "Teuerung" und der neuen europäischen Währung "Euro". In dieser Wahl drückt sich der Unmut vieler Verbraucher aus, die dem Euro mit einigem Misstrauen begegnen.
Statistisch betrachtet gab es in Deutschland im abgelaufenen Jahr keine nennenswerte Inflation. Dennoch schimpft beinahe jeder über die Währung - den "Teuro". Ein Grund für uns, kurz die Fakten zu beleuchten: Im Jahr 2002 führten zwölf europäische Länder ohne bemerkenswerte Störungen das neue Euro-Bargeld ein. Dadurch kann jedermann in Deutschland in elf europäische Länder fahren, ohne vorher Bargeld tauschen zu müssen. Die Inflationsrate betrug im letzten Jahr in Deutschland lediglich 1,1 Prozent (Novemberwert laut statistischem Bundesamt). Statistiker betrachten eine Situation mit einer Preissteigerungsrate, die geringer als zwei Prozentpunkte ist, als preisstabil. Auch wies die D-Mark nur in wenigen Jahren ihrer 50-jährigen Geschichte einen stabileren Wert auf.
Trotz der erfolgreichen Bargeldeinführung und einem stark gestiegenen Außenwert des Euro, fehlt der Währung weiterhin die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung. Repäsentative Umfragen nach einem Jahr Euro ergaben, dass über zwei Drittel der Bundesbürger weiterhin bei Einkäufen in D-Mark umrechnen, um zu entscheiden, ob eine Ware oder Dienstleistung preiswert ist. Selbst Ernst Welteke, Präsident der Bundesbank, gab zu, dass er sich regelmäßig dabei ertappe, wie er vor größeren Anschaffungen den Euro-Betrag in D-Mark umrechnet. Im abgelaufenen Jahr konnte auch eine merkliche Kaufzurückhaltung beobachtet werden. Diese wurde ausgelöst und begründet mit der objektiv nicht belegbaren Teuerung durch die Einführung des Euro. Dennoch kennt jeder Bundesbürger zumindest einen Gastronomiebetrieb, verschiedene Dienstleistungen und Waren des täglichen Bedarfs, bei denen die Preise stark gestiegen sind. Daher entwickelte sich unter Geldpolitikern ein neuer Fachbegriff: die "gefühlte Inflation". Deren negative Folgen - die Kaufzurückhaltung - sind beinahe noch bedenklicher als die einer tatsächlichen Inflation. Die meisten Verbraucher halten den Euro eben weiterhin für einen "Teuro". Tatsächlich hat sich dann auch Anfang 2002 ein Preisanstieg von 4,8 % ergeben, wobei allerdings Gemüse mit einem Anstieg von 14,8 % hervorragte. Das Misstrauen gegenüber dem Euro drückt sich auch darin aus, dass 89 % der Deutschen nach einer Emnid-Umfrage vom Mai 2002 glauben, dass der Euro zu Preiserhöhungen genutzt wurde. 54 % der Befragten führten die Umsatzeinbußen des Einzelhandles auf die Preiserhöhungen zurück. Bei einem „Anti-Teuro-Gipfel“ wurde dann auch vereinbart, dass in einem „Preis-Wert-Forum“ im Internet Verbrauch sich über Preiserhöhungen beschweren und Anbieter dazu Stellung nehmen können. Trotz der Kritik am Euro wurde der Euro am 9. Mai 2002 der Euro mit dem internationalen Karlspreis, der seit 1950 an Personen und Instititutionen verliehen wird, ausgezeichnet. Interessant ist vielleicht noch, dass im Zusammenhang mit der Einführung des Euro vermutet wird, dass insgesamt circa 600 Mrd DM Schwarzgeld aus Deutschland ins Ausland transferiert wurde, weil es das Geld in Deutschland nicht umtauschbar war und wertlos geworden wäre.
Die Einführung des Euro wird von Seiten der Politiker insgesamt als sehr positiv für die Wirtschaft beurteilt. Das persönliche Empfinden der Menschen widerspricht allerdings offensichtlich dieser Einschätzung. Dennoch bleibt: Der Euro ist mehr als nur eine Währung. Er hat gewiss die europäische Einigung auch in den Köpfen der Menschen mehr beeinflusst, also zahllose Reden und Absichtserklärungen. Die Euro-Scheine zeigen nicht nur verschiedene europäische Brücken. Der Euro selbst wurde so etwas wie eine Brücke zwischen den Ländern in Europa.
Diese Einschätzung hat auch die Umfrage der Schüler des Studienkollegs ergeben, die diese in Ehingen durchführten.
Gesamtwirtschaftlich zeigt sich, dass der Euro jedenfalls die Möglichkeit hat, neben dem Dollar zu einer „Ankerwährung“, also einer Leitwährung in der Welt zu werden. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob die Menschen den Euro weiterhin als Mittel zur Erhöhung der Preise verstehen oder einen Bezug zu dieser Währung finden und somit von der Bindung zur Mark, die mit Wirtschaftswunder, Aufschwung, Wohlstand und Wiederaufbau verbunden wird, Abschied nehmen.
(Das Foto zeigt Michaele Schreyer, die Haushalts-Kommissarin der Europäischen Kommission und Mitglied der Partei „Die Grünen“)

EU-Agrarmarkt
Die Agrarpolitik ist so etwas wie das Kernstück gemeinsamer europäischer Politik. Schon in den 60-er Jahren wurde die Agrar- und Fischereipolitik als erster Politikbereich voll in die Verantwortung der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gegeben. Wie andere Güter auch können Agrarerzeugnisse frei in allen Ländern der EU gehandelt werden. Allerdings legte die EU für diese im Gegensatz zu den Industriegütern, Mindestpreise fest und bot so den Landwirten Garantien gegen einen extremen Preisverfall. Agrar-Einfuhren vom Weltmarkt werden mit einem Außenzoll belegt, der diese dann in aller Regel teurer macht gegenüber den in der EU hergestellten Agrarprodukten.
Die Agrarpolitik der EU hat
- die Nahrungsversorgung der Bevölkerung gesichert
- die Produktivität der Landwirtschaft erheblich gesteigert
(bis 1996 gegenüber 1950 um 1000%!)
- die Landwirtschaft an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilnehmen lassen, aber strukturelle Unterschiede, etwa zwischen Bergbauern und Großagriern nicht abbauen können
Die Agrarpolitik hat allerdings auch – wenigstens zwischenzeitlich – aufgrund der garantierten Mindestpreise (wurden seit 1958 gewährt) zu Überproduktionen geführt, die sich in den sogenannten „Butterbergen“ oder „Milchseen“ zeigten. Diese Überproduktion führt teilweise zu Vernichtung agrarischer Produkte oder zu einer „Verschleuderung“ zu Dumping-Preisen auf dem Weltmarkt. 1984 wurden „Milchquoten“ eingeführt, d. h. dass die Landwirte bzw. die EU-Länder insgesamt nur bis zu einer festgesetzten Menge Garantiepreise erhielten, die über dem Weltmarktpreis liegen. Bei Überschreiten der Quote gibt es Strafabgaben. Andere Regelungen, wie etwa Flächenstillegungsprämien und Schlachtprämien sollten ebenfalls die überschüssige Produktion drosseln.
Eine weitere Folge der Überproduktionen war, dass die Garantiepreise zusehends gekürzt wurden. Nach Regelungen der WTO (Welthandelsorganisation) sollen zukünftig Subventionierungen von Agrarproduktionen und Export dieser Produkte untersagt werden. Garantiepreise sind allerdings solche Subventionen. Deshalb müssen diese gekürzt werden oder gar ganz wegfallen. Verdienstausfälle durch diese Kürzungen sollen dann mit produktionsunabhängigen Einkommenszuschüssen ausgeglichen werden. Zudem sollen Landwirte zu extensiver, umweltschonender Bewirtschaftung angehalten werden, die finanziell unterstützt wird. Unterschiedliche Maßnahmen der EU haben dazu geführt, dass die Bauern sich zuweilen mehr als „“Antragsbauern“ und Subventionsempfänger als als Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse fühlen. Die Tendenz geht allerdings weiterhin weg von garantierten Preisen hin zu Einkommenstützen über direkte Hilfen. Eine neue Herausforderung auf die EU-Agrarpolitik kommt durch die Osterweiterung hinzu. Die neuen EU-Länder sind noch relativ stark landwirtschaftlich geprägt. Schon jetzt machen die Ausgaben für die Landwirtschaft fast die Hälfte der Ausgaben des EU-Haushalts in Höhe von ca. 90 Mrd € insgesamt aus.
Die Neuorientierung der EU-Agrarpolitik ist unter dem Stichwort „Agenda 2000“ bekannt geworden. Diese „Agenda 2000“ wird laufend fortgeschrieben und neu gestaltet.
Die jüngsten Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) haben folgende Ziele:
- Europäische Landwirtschaft soll wettbewerbsfähiger und marktorientierter werden
- eine nachhaltige Finanzierbarkeit auch nach der Osterweiterung ermöglichen
- umweltschädliche Anreize seitheriger Agrarpolitik durch Garantiepreise und damit Produktionsanreize (die auch durch Einsatz umweltschädlicher Mittel erzielt werden konnten) beseitigen
- nachhaltigere (und ökologischere) und umweltverträglichere landwirtschaftliche Produktionsweisen stärker fördern
- ein Höchstmaß an Flexibilität der Produktionsentscheidungen ermöglichen und
- Einkommensstabilität für die Landwirte, Planungssicherheit herstellen
- das Landwirtschaftsmodell der europäischen Agrarpolitik auch gegenüber der Welthandelsorganisation WTO besser verteidigen können. Die WTO hat immer wieder die Subventionspolitik und die Stützungsmaßnahmen für die Landwirtschaft gegenüber dem Weltmarkt kritisiert.
Reformmaßnahmen sind u. a.
- von der Produktion unabhängige betriebsbezogene Einheitszahlungen mit einer Höchstgrenze von 300.000 € pro Betrieb (dies würde vor allem ostdeutsche Großbetriebe massiv treffen!)
- Verknüpfung der Zahlung mit Einhaltung von Standards in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz und der Verpflichtung, alle Landwirtschaftsflächen in gutem Zustand zu erhalten
- Kürzung der Direktzuzahlungen an Großbetriebe (Degression), um Zusatzmittel für die ländliche Entwicklung frei zu machen und weitere Reformen finanzierbar zu machen (Modulation)
- Anpassung der Marktstützungspolitik, also der Garantiepreise für die Produkte der Landwirtschaft.
Mit den Maßnahmen sollen die Probleme der Überproduktion, der immer wieder auftretenden Skandale in der Landwirtschaft (BSE, Maul- und Klauenseuche, dioxinverseuchtes Getreide...) und der hohen finanziellen Belastung durch die GAP angegangen werden.
Zudem sollen auch kleinere Betriebe, etwa durch Förderung von Zusatzaufgaben (Storchenprogramm, Streuobstwiesen usw.) erhalten bleiben können (Punkteprämien)
Der Grundsatz der Reform der EU-Agrarpolitik lautet: Qualität statt Quantität.

Franz FischlerDie in der Verantwortung des EU-Agrarkommissars Franz Fischler (aus Österreich) stehenden Reformen werden allerdings auf großen Widerstand aus den Reihen einzelner EU-Staaten und von Seiten der Interessensverbände stoßen. So befürchtet etwa Frankreich als der größte Profiteur der seitherigen EU-Agrarpolitik Nachteile. Deutschland als bedeutenster Nettozahler (Einzahlungen von fast 10 Mrd € stehen im Jahr 2000 Zahlungen in Höhe von etwa 5,5 Mrd € gegenüber (vgl. dazu Frankreich, das 6,6 Mrd € einbringt und fast 9 Mrd € Rückfluss für die eigene Landwirtschaft erhält) sorgt sich darum, dass das eingesparte Geld durch die Reformen nicht in die Ökologie gesteckt wird, sondern in den Aufbau der Landwirtschaft der neuen Ost-EU-Länder fließt und damit eine Erhöhung der Nettozahlungen für Deutschland zu befürchten ist.
Für das Oberland soll noch ein Beispiel der konkreten Konsequenz aufgezeigt werden. Der Milchpreis – so ist es derzeit geplant – soll bis 2008 auf 22 Cent pro Liter fallen, wobei allerdings Produktionskosten von 36 Cent anzunehmen sind (Vergleichen Sie doch hierzu mal den Preis, den Sie beim Kauf eines Liters Milch bezahlen müssen). Dieser enorme Unterschied wird kaum durch die Direktzahlungen auszugleichen sein. Außerdem wird befürchtet, dass eine flächenhafte Bewirtschaftung zukünftig nicht mehr möglich sein wird, was weitreichende Auswirkungen auf das Landschaftsbild haben wird. Seitherige Förderungen etwa für nachwachsende Rohstoffe – so ist es derzeit vorgesehen – sollen ebenfalls nicht mehr in dem Maße gefördert werden wie bisher.

Europa wird größer - die Osterweiterung der EU 
Nachdem die EU erfolgreich von 6 auf 15 Mitglieder angewachsen ist, ist seit 1. Mai 2004 die so genannte Ost-Erweiterung der EU vollzogen worden, die in ihrem Umfang und ihrer Vielfalt die größte ist, die jemals stattgefunden hat. 13 Staaten haben sich um die Mitgliedschaft beworben: zehn dieser Länder - Zypern, die Tschechische Republik, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakische Republik und Slowenien - sind am 1. Mai 2004 Mitglieder der EU.  Bulgarien und Rumänien hoffen bis 2007 beizutreten, während die Türkei zur Zeit nicht in Beitrittsverhandlungen steht. Der entsprechende Beschluss wurde vom Europäischen Rat in Kopenhagen im Dezember 2002 getroffen. Der Beitrittsvertrag wurde auf der Konferenz des Europäischen Rats in Athen am 16. April 2003 unterzeichnet. Die Diskussion um einen Beitritt der Türkei ist ein zentrales Thema im Europawahlkampf 2004. Dabei wird immer wieder - insbesondere von Seiten der CDU und CSU - in Deutschland von einer "privilegierten Partnerschaft" der EU mit der Türkei gesprochen. Einem echten Beitritt stehen nicht wenige aus verschiedenen Gründen skeptisch gegenüber. 

Kommissar Günter VerheugenUm der Europäischen Union beizutreten, müssen  bestimmte wirtschaftliche und politische Bedingungen, die sogenannten „Kopenhagener Kriterien“, erfüllt werden. Ein zukünftiges Mitgliedsland hat demnach folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
- Stabilität der Institutionen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von Minderheiten („politisches Kriterium“)
- eine funktionierende Marktwirtschaft und Konkurrenz- und Leistungsfähigkeit im Binnenmarkt („wirtschaftliches Kriterium“
- Übernahme der gemeinschaftlichen Regeln, Standards und Verpflichtungen, die die Gesamtheit des    EU-Rechts beinhaltet (sogenanntes „Aquis-Kriterium“)
Die EU unterstützt diese Staaten bei der Übernahme des EU-Rechts und stellt eine Palette von finanzieller Unterstützung zur Verfügung, um die Infrastruktur und Wirtschaft zu verbessern.
Nur Malta und Zypern erfüllen die Kriterien zur Aufnahme in die EU. Allerdings wird erwartet, dass die übrigen acht Länder, die 2004 beitreten sollen, schon bald funktionsfähige Marktwirtschaften haben werden und nach Ansicht der EU-Kommission dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der EU Stand halten können. Rumänien und Bulgarien sollen erst 2007 beitreten. Frühestens 2004 soll es mit der Türkei Beitrittsverhandlungen geben, wenn diese bis dahin alle politischen Kriterien (Beachtung der Menschenrechte, demokratisch-rechtsstaatliche Verhältnisse) für eine Aufnahme erfüllt hat.
Mit dem Beitritt Zyperns gibt es noch das Problem, dass der von Griechen bewohnte südliche Teil der Insel zu den Beitrittsländern gehört, der Nordteil aber noch militärisch von der Türkei besetzt ist. Das künftige Zypern sollte aus einem gemeinsamen Staat mit zwei gleichberechtigten Teilstaaten bestehen. Dieser Wunsch wird allerdings vorläufig noch nicht Wirklichkeit werden. 
(Foto: Günter Verheugen, EU-Kommissar für die Osterweiterung, SPD)
Gründe für die Erweiterung der EU
Eines der Hauptziele der EU ist es, vergleichbare Lebensverhältnisse innerhalb der EU zu schaffen und die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zu verringern. Diesem Ziel ist auch der sogenannte „Kohäsionsfonds“ verpflichtet, der Maßnahmen im Umweltschutz und Verkehrsinfrastrukturmaß-nahmen in der EU fördert.
Der Beitritt der zehn Staaten entspricht den politischen und wirtschaftlichen Interessen der jetzigen wie der künftigen Mitglieder der EU, und zwar vor allem aus drei Gründen:
-          politisch: Die EU steht für politische Stabilität, Demokratie, Menschenrechte und Minderheitenschutz. Mit der Erweiterung weitet sich diese Stabilitätszone nach Osten und Süden aus. Der Frieden in Europa wird noch mehr gesichert. Zudem erfahren die noch jungen Demokratien in den Beitrittsländern spürbare Unterstützung.
- historisch-kulturell: Die künstliche Trennung Europas in "Ost" und "West" wird überwunden. Länder wie zum Beispiel Polen und Ungarn, die historisch immer zum politischen Europa gehörten, erhalten endlich die Chance, am Projekt der europäischen Integration teilzunehmen. Für die Bürger der alten Mitgliedstaaten wird der "vertraute" Raum, in dem wir uns frei bewegen, handeln, wirtschaften und leben können, nach Osten und Süden ausgedehnt.
-         
wirtschaftlich: Die EU wächst um fast 100 Millionen Menschen zu einem Wirtschaftsraum mit beinahe 500 Millionen Einwohnern. Damit entsteht der weltweit größte einheitliche Markt, der für die Herausforderungen des globalen Wettbewerbs hervorragend gerüstet ist. Das Wirtschaftspotential der Beitrittskandidaten ist groß, die EU integriert mit diesen Ländern ausgesprochene Wachstumsmärkte. Die gemeinsamen Spielregeln im vergrößerten Wirtschaftsraum erleichtern auch kleinen und mittleren Unternehmen das wirtschaftliche Engagement. Berechnungen haben ergeben, dass durch die EU-Erweiterung ein Wachstumsplus von 0,26 % erfolgen soll.
Die Diskussion um die Direktzahlungen an Landwirte
Große Sorgen bereitet die befürchtete Kostensteigerung für die Finanzierung der Landwirtschaft in den beitretenden Staaten. Um diese unter Kontrolle zu halten, wurden einige Vereinbarungen getroffen.
Die Europäische Kommission hat im Januar 2002 vorgeschlagen, die neuen Mitgliedstaaten erst schrittweise in die Direktzahlungen für Landwirte einzubeziehen. Direktzahlungen sind im Rahmen von Reformen der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik als Ausgleichszahlungen für die Absenkung von Garantiepreisen eingeführt worden (vgl. Agrar-Politik). Die vollen EU-Einkommenshilfen sollten erst im Jahre 2013 den Landwirten der Bewerberstaaten ausbezahlt werden.
Voraussetzung für die Zustimmung des Europäischen Rates in Brüssel im Oktober 2002 zu diesem Vorschlag war die Einigung von Bundeskanzler Gerhard Schröder mit dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac über die Finanzierung der Agrarpolitik nach der EU-Erweiterung 2004. Danach werden die neuen Mitgliedstaaten allmählich in die Direktzahlungen für Landwirte einbezogen, gleichzeitig aber die EU-Agrarfinanzmittel für alle Mitgliedsstaaten in den Jahren 2007 bis 2013 auf dem für 2006 vorgesehenen Niveau real festgeschrieben (sogenannte „Plafondierung“). Dabei wird ein niedriger fester Inflationsausgleich von einem Prozent vorgesehen. Hierdurch wird ein Einstieg in eine Gegenfinanzierung der zusätzlichen Kosten bei den neuen Mitgliedstaaten durch Einsparung bei allen erreicht.
Der Europäische Rat in Kopenhagen hat den Beitrittsländern überdies die Möglichkeit eingeräumt, die EU-Direktzahlungen durch nationale Zuzahlungen in begrenztem Umfang aufzustocken. Dies kann - ebenfalls in begrenztem Umfang - auch durch Umschichtung von EU-Mitteln für ländliche Entwicklung geschehen.
Insgesamt soll für die EU-Erweiterung in den Jahren 2004 bis 2006 circa 40 Mrd € ausgegeben werden. Ein Problem der finanziellen Förderung ist, dass sechs der zehn Beitrittskandidaten nur ein Drittel des durchschnittlichen Pro-Kopf-BIP in der EU (ca. 20.000 €; Deutschland ca. 24.000 €) erreichen. Damit hätten sie Anspruch auf Fördermittel sämtlicher EU-Strukturfonds, was dann wiederum die finanziellen Mittel des Haushalts der EU sprengen würde.
Konsequenzen aus der Erweiterung der EU
Mit der Erweiterung der EU auf dann 25 Mitgliedsstaaten wird nicht nur der Wirtschaftsraum räumlich und nach Zahl der Bevölkerung deutlich erweitert. Die Erweiterung wird auch strukturelle Änderungen nach sich ziehen müssen. So wird z. B. die Zahl der Kommissionsmitglieder dahingehend geändert werden müssen, dass zukünftig jedes Land nur noch einen Kommissar entsenden kann. Die Mehrheitsentscheidung im Ministerrat oder auch die Kompetenz des Europäischen Parlaments werden neu geregelt werden müssen, damit die Organe der Europäischen Union (Europäischer Rat, Europäische Kommission, Europäisches Parlament, Europäischer Gerichtshof) ihre Entscheidungsfähigkeit behalten. Wieder einmal wird auch die Abgrenzung der Entscheidungen auf europäischer Ebene von denen auf nationaler Ebene diskutiert werden müssen. Hierfür wurde 2001 die Schaffung eines EU-Konvents beschlossen, der derzeit unter der Präsidentschaft von Valery Giscard d’Estaing Vorschläge zur künftigen Entwicklung der EU erörtert. Die Reformvorschläge sollen im Juni 2003 vorgelegt werden. Schon jetzt gibt es allerdings Befürchtungen, dass die Vorschläge so weitreichend sind, dass sie die Entscheidungsbefugnis der einzelnen Mitgliedsstaaten zu sehr beschränken werden (so zumindest die jüngst geäußerte Kritik von Ministerpräsident Edmund Stoiber).
Mit der Erweiterung der EU wird einhergehen, dass noch mehr unterschiedliche Kulturen, soziale Unterschiede und Unterschiede im Lebensstandard zu vereinbaren sind. Das „Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten“, womit gemeint ist, dass sich die Europäische Einigung trotz Mitgliedschaft in der EU unterschiedlich schnell und intensiv entwickelt, wird wohl weiterhin oder gar verstärkt Realität sein. So bleibt die Einschätzung des Europäischen Parlaments aus dem Jahre 2000 bestehen: „Wegen des wirtschaftlichen Gefälles zwischen West und Ost, wegen des enormen Anpassungsbedarfs in den Beitrittsländern und wegen des großen Reformbedarfs innerhalb der Euroroäischen Union wird diese Erweiterung zur größten Herausforderung in der Geschichte der europäischen Einigung“ (zitiert aus: Europäisches Parlament, Hg., Europa 2000, Millenium-Edition, Köln 2000, S. 3f).

Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik

Die EU – so das klassische Modell – steht auf drei Säulen:
- Wirtschaftspolitik, gemeinsamer Markt, Agrarpolitik, Währungsunion, Zollunion usw.
- Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
- Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik
Diese drei Säulen wurden auf dem Maastrichter Vertrag (1993 in Kraft getreten) festgelegt. Mit diesem Vertrag wurde die seitherige EG (Europäische Gemeinschaft, die erste Säule, die vor allem wirtschaftliche Fragen im Blick hatte) durch die zusätzliche „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“ (GASP) und die „Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik zur Europäischen Union.
Die Ziele der GASP sind: Unabhängigkeit der Europäischen Union von anderen Staaten, Wahrung des Friedens, Förderunge der internationalen Zusammenarbeit, Bekämpfung des Terrorismus. Die EU will sich mit ihrer GASP für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenwürde einsetzen.
Die Ziele der Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik sind die Abstimmung der Asylpolitik, die Bekämpfung der Drogenkriminalität und die Bekämpfung der internationalen Kriminalität insgesamt.

Javier SolanaGemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
Im Gegensatz etwa zur Agrarpolitik, bei der die EU weitgehende Entscheidungsbefugnis hat, wurde bei der GASP den einzelnen Staaten der EU ein großes Maß an Eigenständigkeit weiterhin zugestanden. Mitwirkende bei der GASP sind vor allem der Europäische Rat, also die Staats- und Regierungschefs und der Präsident der EU-Kommission), der Europäische Ministerrat und der „Hohe Vertreter“ für die Außen- und Sicherheitspolitik (derzeit Javier Solana, Spanien, Foto). Das Amt des Hohen Vertreters, des „Herrn GASP“, wie er scherzhaft genannt wird, gibt es erst seit wenigen Jahren (Juni 1999). Als Maßnahmen der GASP sind zu nennen:
- „Schnelle Eingreiftruppe“, eine bis zu 60.000 Soldaten (davon etwa 12.000 Mann aus Deutschland) starke Truppe, die u. a. auch Kampfeinsätze zur Friedenserzwingung führen soll, humanitäre Hilfeleistung erbringen und für internationales Friedensmanagement verwandt werden soll. Die Verteidigung Europas soll allerdings weiterhin die NATO sicher stellen. Diese „schnelle Eingreiftruppe“ tritt dann ein, wenn die NATO nicht als Ganzes beteiligt ist. Eine enge Zusammenarbeit mit der NATO ist allerdings erforderlich und wurde im Dezember 2002 zugesagt. Javier Solana selbst hat übrigens beste Kontakte zur NATO, weil er bis 1999 deren Generalsekretär war.
Im Jahr 2002 haben sich die EU-Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer GASP immer wieder mit Appellen an Israel gewandt und den Rückzug aus den militärisch besetzten palästinensischen Gebieten und die Aufgabe der israelischen Siedlungspolitik gefordert. Die Palästinensische Autonomiebehörde wurde aufgefordert, die terroristischen Gruppen Hamas und Dschihad zu zerschlagen und die bewaffnete Intifada (= palästinensischer Aufstand) zu beenden. 
Auch humanitäre Hilfe wurde im Namen der GASP gewährleistet.
Wie schwierig die GASP allerdings tatsächlich umzusetzen ist, zeigt sich an den aktuellen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Irak-Konflikt. Deutschland und Frankreich sprechen sich eindeutig gegen einen Krieg gegen den Irak aus und fordern weiterhin diplomatische Bemühungen und eine Fortsetzung der Waffenkontrollen. Großbritannien und Spanien, aber auch andere europäische Staaten – übrigens auch einige, die demnächst zur EU kommen sollen – sprechen sich für die Linie der amerikanischen Regierung aus und nehmen dabei einen Krieg in Kauf. Die unterschiedlichen politischen Vorgehensweisen haben zu der Formulierung des US-amerikanischen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld geführt, der von einem „alten“ (Deutschland und Frankreich) und „neuen Europa“ sprach und somit fast einen Keil in die Bemühungen der europäischen Union getrieben hat.

Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik
Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, die großen die Grenzen der einzelnen Mitgliedsstaaten überschreitenden Probleme gemeinsam zu bewältigen. So muss die Asylpolitik europaweit geregelt werden. Mit Schaffung der Europol und dem geplanten „europäischen Haftbefehl“ ist eine intensivere Zusammenarbeit der europäischen Staaten möglich. Der „europäische Haftbefehl“ soll am 1. Januar 2004 in Kraft treten und die Auslieferung von Straftätern in den EU-Staaten beschleunigen und erleichtern. Zu den Strafbeständen, bei denen der „europäische Haftbefehl“ wirken soll, gehören u. a. Terrorismus, Menschenhandel (nach Schätzungen werden jährlich 500.000 Frauen illegal in die EU gebracht, um sexuell ausgebeutet zu werden), sexuelle Ausbeutung, Kinderpornografie, illegaler Drogen- und Waffenhandel, Korruption, Geldwäsche und Mord. Bis 2006/2007 soll eine EU-Grenzschutztruppe installiert werden, die Terrorismus, Menschen- und Drogenhandel sowie organisierte Kriminalität besser bekämpfen soll. Abstimmungen der Gesetzeslage zeigen sich in der Realität allerdings doch schwieriger als erhofft. Gerade in der Innen- und Rechtspolitik beharren die Einzelstaaten oftmals noch auf ihre Eigenständigkeit.
Insbesondere die Bekämpfung des internationalen Terrorismus stellt ganz neue Anforderungen sowohl an die GASP und die Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik.