Mit
den europäischen Teilen von Russland und der Türkei gehören mehr als 40
Staaten Europa an. Offiziell werden in der Europäischen Union elf Amtssprachen
geführt. Selbstverständlich gibt es in den Nicht-Mitgliedsstaaten der EU noch
viele weitere Sprachen und Dialekte.
Seinen Namen hat Europa von der gleichnamigen griechischen Sagengestalt,
einer Schwester des Kadmos, die von Zeus in Gestalt eines Stieres entführt
wurde (vgl. das Foto der 2-Euro-Münze Griechenlands).
Die Europäische Union, abgekürzt EU gibt es seit dem
In-Kraft-Treten des Vertrags von Maastricht (eine Stadt in Holland) am 1. Januar
1993. In die EU sind die seitherigen europäischen Gemeinschaften wie
- EWG
(Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, gegründet mit den Römischen Verträgen
im Jahre 1957),
- EGKS
(Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, auch Montanunion genannt, die
schon 1951 in Paris gegründet wurde und somit die erste europäische
Organisation war, der staatliche Hoheitsrechte übertragen wurden) und
- EURATOM
(Europäische Atomgemeinschaft, die sich der friedlichen Nutzung der Atomenergie
verschrieben hat und 1957 gegründet wurde)
übergegangen. Zum Zeitpunkt des Maastrichter Vertrags waren 12 europäische
Staaten Mitglied der damaligen Europäischen Gemeinschaft (Frankreich, Italien,
Deutschland, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Großbritannien, Irland und Dänemark,
Griechenland, Portugal und Spanien). Für diese 12 Staaten stehen auch heute
noch die 12 Sterne in der EU-Flagge. Erst 1995 kamen Finnland, Schweden und Österreich
zur Europäischen Union hinzu. Norwegen lehnte 1994 per Referendum
(Volksentscheid) eine Mitgliedschaft ab. Die Schweiz lehnte diese schon 1993 ab
und bleibt so quasi eine „Insel“ im Gebiet Mittel- und Westeuropas.
Ziel des Staatenbundes der Europäischen Union ist neben dem Gemeinsamen Markt
und der Friedenssicherung in Europa auch die Abstimmung weiterer Politikfelder,
so etwa der Außen- und Sicherheitspolitik und der Innen- und Rechtspolitik.
Rechtssetzungsbefugnis hat die EU im Bereich der Agrarpolitik und bei den
Richtlinien zur Umsetzung des Binnenmarktes. Allerdings darf die EU nur auf den
Gebieten tätig werden, wo ihr durch
Verträge ausschließliche Kompetenz zugestanden wurde. Die Selbstständigkeit
der 15 EU-Staaten bleibt durch das sogenannte „Subsidiaritätsprinzip“
gewahrt.
Einen großen Schritt in Richtung Einigung Europas hat die Einführung des Euro
bedeutet. Schon seit 1. Januar 1999 gab es die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion,
mit der die Währungshoheit an die Europäische Zentralbank (Sitz in
Frankfurt/Main, Präsident noch bis Mitte 2003 Wim Duisenberg) übergeben wurde.
Seit 2002 ist der Euro auch Zahlungsmittel in insgesamt 12 Staaten der EU (nicht
in Großbritannien, Schweden und Dänemark; allerdings im Vatikan, San Marino
und Monaco)
Europäischer
Binnenmarkt
Der Europäische Binnenmarkt umfasst etwa
377 Mio Bürger und mehr als 19 Mio Unternehmen. In Deutschland handeln etwa
400.000 Untenehmen mit Waren innerhalb der EU.
Das Ziel des europäischen Binnenmarktes ist es, bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten
Wirtschaftsraum der Welt zu werden. Als Reformen hierfür werden u. a. eine
weitere Liberalisierung der Verkehrs- und Versorgungswirtschaft (was z. B.
Privatisierung von Bahn, Energieunternehmen usw. bedeutet), Verbesserung der
Wettbewerbs- und Fusionskontrollvorschriften und eine bessere Zusammenarbeit der
Verwaltungen genannt.
Um mit den Wirtschaftsriesen der Welt, USA und Japan, wirtschaftlich Schritt
halten zu können, war das Ziel des Europäischen Binnenmarktes schon in den Römischen
Verträgen aus dem Jahre 1957 formuliert. Endgültig umgesetzt wurde dieser
europäische Binnenmarkt allerdings erst im Jahr 1993.
Seit diesem Datum sind die Grenzen für Menschen, Waren, Dienstleistungen
und Kapital in Europa beseitigt worden. Diese sogenannten „vier
Freiheiten“ (freier Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Personen und
Kapital) bedeuten, dass jedes Produkt, das in einem Mitgliedsland auf den Markt
gebracht wurde, in jedem anderen verkauft werden darf. Dadurch wird u. a. der
innereuropäische Wettbewerb deutlich gestärkt. Außerdem werden die
Handelsbeziehungen innerhalb Europas spürbar vereinfacht und so intensiviert.
Handelshemmnisse wurden mittlerweile weitgehend abgebaut, so etwa Personen- und
Warenkontrollen an den Binnengrenzen, die es spätestens seit dem
In-Kraft-Treten des Schengener Abkommen nicht mehr gibt (an den Binnengrenzen
der beteiligten Staaten gibt es keine Personenkontrollen mehr!). Zölle werden
zwischen den Mitgliedsstaaten schon seit 1968 nicht mehr erhoben. Seit diesem
Datum trat auch ein gemeinsamer Außenzolltarif in Kraft.
Noch keine einheitlichen Regelungen innerhalb der Europäischen Union gibt es im
Bereich der Steuerpolitik. So differiert etwa die Mehrwertsteuer von 25 % (Dänemark,
Schweden) bis 16 % (Deutschland, Spanien) bzw. gar 15 % (Luxemburg).
Einen wichtigen Impuls für den europäischen Binnenmarkt hat auch die Einführung
des Euro als Zahlungsmittel gebracht. Dieser ist allerdings angesichts der
weltkonjunkturellen Situation des vergangenen Jahres (2002) weitgehend verpufft
und hat also nicht die erwarteten Steigerungen des Wirtschaftswachstums und
damit der Senkung der Arbeitslosenzahlen mit sich gebracht.
Die vier Freiheiten des europäischen
Binnenmarkts im Überblick
Freier Personenverkehr
- Wegfall
von Grenzkontrollen (verwirklicht!)
- Harmonisierung
der Einreise-, Asyl-, Waffen- Drogengesetze (in der EU noch nicht verwirklicht!)
- Niederlassungs-
und Beschäftigungsfreiheit für EG-Bürger (verwirklicht!)
- verstärkte
Außenkontrollen (an Grenzen zu Nicht-EU-Staaten; verwirklicht!)
Freier Warenverkehr
- Wegfall
von Grenzkontrollen (verwirklicht!)
- zoll-
und abgabenfreier Import und Export innerhalb der EU (verwirklicht)
- Harmonisierung
oder gegenseitige Anerkennung von Normen und Vorschriften (noch nicht
verwirklicht; vgl. etwa die unterschiedlichen Bestimmungen in den
Spritzmittelverordnungen)
- Steuerharmonisierung
(muss noch erfolgen!)
Freier Dienstleistungsverkehr
- Liberalisierung
der Finanzdienste
- Harmonisierung
der Banken- und Versicherungsaufsicht
- Öffnung
der Transport- und Telekommunikationsmärkte
Freier Kapitalverkehr
- Größere
Freizügigkeit für Geld- und Kapitalbewegungen
- Schritte
zu einem gemeinsamen Markt für Finanzleistungen
- Liberalisierung
des Wertpapierverkehrs (Aktien!)
Insgesamt
muss festgehalten werden, dass seither erst etwa zwei Drittel der Maßnahmen für
die tatsächliche Verwirklichung des Binnenmarktes umgesetzt wurden.
Insbesondere die Steuerpolitik, aber auch Umweltvorschriften im Bereich der
Produktion gehen noch weit auseinander. Auch die Sozialleistungen sind noch längst
nicht europaweit einheitlich. So schwankt etwa die durchschnittliche wöchentliche
Arbeitszeit noch zwischen ca. 42 Stunden (Portugal) und 38 Stunden (Belgien). In
Griechenland sind 22 Urlaubstage pro Jahr üblich, in den Niederlanden sind es
36,5 Tage. Dagegen gibt es in den Niederlanden nur 6 Feiertage, wogegen in
Portugal und Spanien an 14 Tagen Feiertag ist. Heftig gefordert wird immer
wieder, dass europaweit Mindestlöhne eingeführt werden sollen, um die
Wettbewerbsnachteile von Ländern mit hohen Lohnkosten (so etwa Deutschland) zu
verringern. Derzeit müssen z. B. große Bauprojekte europaweit ausgeschrieben
werden, was bedeuten kann, dass die örtliche Bauwirtschaft ganz ohne Aufträge
bleibt.
(Foto: Frederik Bolkestein, der
Binnenmarkt-Kommissar in der EU-Kommission)
Konsequenzen
des Binnenmarkts
Für die Wirtschaft entstehen durch den Wegfall der Kosten für Grenzformalitäten
(dadurch können Transportkosten bis zu 50 % sinken), das freie Angebot der
hergestellten Produkte, den verstärkten Wettbewerb und durch die Öffnung der Märkte
große Vorteile, weil die Zahl möglicher Kunden steigt und geringere
Produktionskosten möglich werden. Gerade die Wettbewerbsverschärfung kann
allerdings auch Nachteile für einzelne Wirtschaftsbereiche oder Regionen haben.
So wird im Zusammenhang mit dem europäischen Binnenmarkt befürchtet, dass
soziale Errungenschaften oder wirtschaftliche Vorteile in den einzelnen Staaten
eher dem Durchschnitt angeglichen und damit eventuell wieder eingeschränkt
werden. Soziale Errungenschaften oder entsprechend hohe Lohnkosten bedeuten natürlich
immer auch hohe Produktionskosten, was dazu führen kann, dass die Produktion in
andere, kostengünstigere Mitgliedsstaaten verlagert wird. So wird das in Europa
durchaus feststellbare Wohlstandsgefälle (Stichwort Billiglohnarbeiter) als
Nachteile des Binnenmarkts gesehen. Zudem können Sicherheitsprobleme durch die
erhöhte Bewegungsfreiheit, die eben auch von Kriminellen genutzt werden kann,
entstehen und müssen durch gemeinsame polizeiliche Anstrengungen (Europol)
eingedämmt werden. Immer wieder wird auch darauf verwiesen, dass eine tatsächliche
Wettbewerbsfreiheit auch dadurch nicht gegeben ist, dass die Gesetze und
Vorschriften, die für die Produktion (z. B. beim Obstbau oder in der
Landwirtschaft insgesamt oder z. B. in den Umweltvorschriften) gelten,
unterschiedlich sind.
Die Zuordnung zu Vor- bzw. Nachteilen lässt sich nicht immer leicht vornehmen.
Eine Konsequenz des Europäischen Binnenmarktes ist jedenfalls auch, dass sich
zusehends Wirtschaftskonzerne auch über nationale Grenzen hinaus bilden. Damit
wird zunächst eine höhere Wirtschaftlichkeit erzielt. Allerdings bedeuten
Fusionen, also Zusammenschlüsse von Unternehmen immer auch die Gefahr, dass
sich marktbeherrschende Anbieter gegenüber ihren Konkurrenten durchsetzen und
so eine Monopolstellung erzielen. Diese Gefahr wird immer wieder im Hinblick auf
die Fusionsbewegungen in der Energiewirtschaft oder im Bereich der
Telekommunikation diskutiert.
Dem stehen allerdings – wie bereits oben ausgeführt – Vorteile für die
Konsumenten (verschärfter Wettbewerb), für Arbeitssuchende (größerer
Arbeitsmarkt), für Unternehmen (freier Waren- und Dienstleistungsverkehr) usw.
entgegen. Gerade für eine exportorientierte Wirtschaft, wie es die deutsche
Wirtschaft ist, verringern sich die Risiken (z. B. Wechselkursrisiken) deutlich.
So geht etwa die Hälfte der deutschen Exporte in EU-Länder (10 % der Exporte
gehen in die USA). Exporte, die nicht in EU-Länder gehen, sind stark vom
Dollarkurs abhängig. Ein starker Euro (wie derzeit, wo der Euro für 1,10
Dollar gehandelt wird) bedeuten eine Verteuerung deutscher Produkte und damit
eine geringere Nachfrage auf dem Weltmarkt, der ganz wesentlich vom Dollar
bestimmt wird.
Der
Euro als gemeinsame Währung
Die europäische Wirtschafts- und Währungsunion
besteht bereits seit dem 1. Januar 1999. Seit diesem Datum gilt der Euro. Als
alleiniges Zahlungsmittel wurde der Euro zum 1. Januar 2002 in den sogenannten
Euro-Ländern eingeführt. Die Gründe für die Einführung des Euro sind, dass
durch Wegfall der Umtauschgebühren und Wegfall der Wechselkursrisiken die
Unternehmen besser kalkulieren können und so der gemeinsame europäische
Binnenmarkt gestärkt wird. Seit Einführung des Euro als Zahlungsmittel ist
auch ein europaweiter Vergleich der Preise möglich. Der Warenaustausch wurde
dadurch erheblich vereinfacht.
Voraussetzungen für die Einführung des Euro (die sogenannten
„Konvergenzkriterien“), die mit dem Vertrag von Maastricht (1992), der die
Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion vorsah, verabschiedet wurden,
waren und sind:
- stabile Preise: Inflationsrate liegt maximal 1,5 Punkte über dem
Schnitt der preisstabilsten EU-Länder
(Anmerkung: Die Inflationsrate wird in
Deutschland mit dem sogenannten „Warenkorb“ ermittelt. Das bedeutet, dass
man vergleicht, in welchem Maß die Kosten für die circa 750 Güter und
Dienstleistungen, die in diesem „Warenkorb“ gemäß ihres Anteils an den
Lebenshaltungskosten berücksichtigt werden, also vom Strom über Lebensmittel
bis zu Öl, Versicherungen, Miete, Reinigungsmittel usw. steigen. Als
Vergleichszeitraum dienst entweder der Vormonat oder der Monat des Vorjahres.
Derzeit haben wir etwa eine Inflationsrate, bezogen auf den Vormonat von 1,6 %,
wobei diese hohe Rate vor allem auf den Anstieg für Benzin und Heizöl zurückzuführen
ist.)
- niedrige Zinsen: langfristige
Zinsen maximal zwei Prozentpunkte über dem Durchschnitt der drei
preisstabilsten EU-Länder
- geordnete Staatsfinanzen: Haushaltsdefizit bei maximal 3 % des
Bruttoinlandsproduktes
(Anmerkung: Dieses Kriterium wird derzeit
von Deutschland nicht erfüllt. Das Bruttoinlandsprodukt, also der Geldwert
aller im Jahr erzeugten Waren und Dienstleistungen, wobei nur statistisch
erfassbare Daten ermittelt werden, also nicht unbezahlte Hausarbeit,
Schwarzarbeit und Umweltschäden, beträgt in Deutschland circa 2.000 Mrd €. Für
die Haushaltsdefizit werden alle öffentlichen Haushalte herangezogen, also auch
die der Länder und Kommunen.)
-
Verschuldung der öffentlichen Haushalte insgesamt maximal 60 % des BIP
(=Bruttoinlandsprodukt).
Die
Einführung des Euro – eine Bilanz: Die Gesellschaft für deutsche Sprache
e.V. (Wiesbaden) hat entschieden: Die Wahl zum Wort des Jahres gewann der "Teuro",
also eine Schöpfung aus den Wörtern "Teuerung" und der neuen europäischen
Währung "Euro". In dieser Wahl drückt sich der Unmut vieler
Verbraucher aus, die dem Euro mit einigem Misstrauen begegnen.
Statistisch betrachtet gab es in Deutschland im abgelaufenen Jahr keine
nennenswerte Inflation. Dennoch schimpft beinahe jeder über die Währung - den
"Teuro". Ein Grund für uns, kurz die Fakten zu beleuchten: Im Jahr
2002 führten zwölf europäische Länder ohne bemerkenswerte Störungen das
neue Euro-Bargeld ein. Dadurch kann jedermann in Deutschland in elf europäische
Länder fahren, ohne vorher Bargeld tauschen zu müssen. Die Inflationsrate
betrug im letzten Jahr in Deutschland lediglich 1,1 Prozent (Novemberwert laut
statistischem Bundesamt). Statistiker betrachten eine Situation mit einer
Preissteigerungsrate, die geringer als zwei Prozentpunkte ist, als preisstabil.
Auch wies die D-Mark nur in wenigen Jahren ihrer 50-jährigen Geschichte einen
stabileren Wert auf.
Trotz der erfolgreichen Bargeldeinführung und einem stark gestiegenen Außenwert
des Euro, fehlt der Währung weiterhin die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung.
Repäsentative Umfragen nach einem Jahr Euro ergaben, dass über zwei Drittel
der Bundesbürger weiterhin bei Einkäufen in D-Mark umrechnen, um zu
entscheiden, ob eine Ware oder Dienstleistung preiswert ist. Selbst Ernst
Welteke, Präsident der Bundesbank, gab zu, dass er sich regelmäßig dabei
ertappe, wie er vor größeren Anschaffungen den Euro-Betrag in D-Mark
umrechnet. Im abgelaufenen Jahr konnte auch eine merkliche Kaufzurückhaltung
beobachtet werden. Diese wurde ausgelöst und begründet mit der objektiv nicht
belegbaren Teuerung durch die Einführung des Euro. Dennoch kennt jeder Bundesbürger
zumindest einen Gastronomiebetrieb, verschiedene Dienstleistungen und Waren des
täglichen Bedarfs, bei denen die Preise stark gestiegen sind. Daher entwickelte
sich unter Geldpolitikern ein neuer Fachbegriff: die "gefühlte
Inflation". Deren negative Folgen - die Kaufzurückhaltung - sind beinahe
noch bedenklicher als die einer tatsächlichen Inflation. Die meisten
Verbraucher halten den Euro eben weiterhin für einen "Teuro". Tatsächlich
hat sich dann auch Anfang 2002 ein Preisanstieg von 4,8 % ergeben, wobei
allerdings Gemüse mit einem Anstieg von 14,8 % hervorragte. Das Misstrauen
gegenüber dem Euro drückt sich auch darin aus, dass 89 % der Deutschen nach
einer Emnid-Umfrage vom Mai 2002 glauben, dass der Euro zu Preiserhöhungen
genutzt wurde. 54 % der Befragten führten die Umsatzeinbußen des Einzelhandles
auf die Preiserhöhungen zurück. Bei einem „Anti-Teuro-Gipfel“ wurde dann
auch vereinbart, dass in einem „Preis-Wert-Forum“ im Internet Verbrauch sich
über Preiserhöhungen beschweren und Anbieter dazu Stellung nehmen können.
Trotz der Kritik am Euro wurde der Euro am 9. Mai 2002 der Euro mit dem
internationalen Karlspreis, der seit 1950 an Personen und Instititutionen
verliehen wird, ausgezeichnet. Interessant ist vielleicht noch, dass im
Zusammenhang mit der Einführung des Euro vermutet wird, dass insgesamt circa
600 Mrd DM Schwarzgeld aus Deutschland ins Ausland transferiert wurde, weil es
das Geld in Deutschland nicht umtauschbar war und wertlos geworden wäre.
Die Einführung des Euro wird von Seiten der Politiker insgesamt als sehr
positiv für die Wirtschaft beurteilt. Das persönliche Empfinden der Menschen
widerspricht allerdings offensichtlich dieser Einschätzung. Dennoch bleibt: Der
Euro ist mehr als nur eine Währung. Er hat gewiss die europäische Einigung
auch in den Köpfen der Menschen mehr beeinflusst, also zahllose Reden und
Absichtserklärungen. Die Euro-Scheine zeigen nicht nur verschiedene europäische
Brücken. Der Euro selbst wurde so etwas wie eine Brücke zwischen den Ländern
in Europa.
Diese Einschätzung hat auch die Umfrage der Schüler des Studienkollegs
ergeben, die diese in Ehingen durchführten.
Gesamtwirtschaftlich zeigt sich, dass der Euro jedenfalls die Möglichkeit hat,
neben dem Dollar zu einer „Ankerwährung“, also einer Leitwährung in der
Welt zu werden. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob die Menschen den Euro
weiterhin als Mittel zur Erhöhung der Preise verstehen oder einen Bezug zu
dieser Währung finden und somit von der Bindung zur Mark, die mit
Wirtschaftswunder, Aufschwung, Wohlstand und Wiederaufbau verbunden wird,
Abschied nehmen.
(Das Foto zeigt Michaele Schreyer, die Haushalts-Kommissarin der Europäischen
Kommission und Mitglied der Partei „Die Grünen“)
EU-Agrarmarkt
Die Agrarpolitik ist so etwas wie das Kernstück gemeinsamer europäischer
Politik. Schon in den 60-er Jahren wurde die Agrar- und Fischereipolitik als
erster Politikbereich voll in die Verantwortung der damaligen Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gegeben. Wie andere Güter auch können
Agrarerzeugnisse frei in allen Ländern der EU gehandelt werden. Allerdings
legte die EU für diese im Gegensatz zu den Industriegütern, Mindestpreise fest
und bot so den Landwirten Garantien gegen einen extremen Preisverfall.
Agrar-Einfuhren vom Weltmarkt werden mit einem Außenzoll belegt, der diese dann
in aller Regel teurer macht gegenüber den in der EU hergestellten
Agrarprodukten.
Die Agrarpolitik der EU hat
- die
Nahrungsversorgung der Bevölkerung gesichert
- die Produktivität
der Landwirtschaft erheblich gesteigert (bis
1996 gegenüber 1950 um 1000%!)
- die
Landwirtschaft an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilnehmen lassen, aber
strukturelle Unterschiede, etwa zwischen Bergbauern und Großagriern nicht
abbauen können
Die Agrarpolitik hat allerdings auch – wenigstens zwischenzeitlich –
aufgrund der garantierten Mindestpreise (wurden seit 1958 gewährt) zu Überproduktionen
geführt, die sich in den sogenannten „Butterbergen“ oder „Milchseen“
zeigten. Diese Überproduktion führt teilweise zu Vernichtung agrarischer
Produkte oder zu einer „Verschleuderung“ zu Dumping-Preisen auf dem
Weltmarkt. 1984 wurden „Milchquoten“ eingeführt, d. h. dass die Landwirte
bzw. die EU-Länder insgesamt nur bis zu einer festgesetzten Menge
Garantiepreise erhielten, die über dem Weltmarktpreis liegen. Bei Überschreiten
der Quote gibt es Strafabgaben. Andere Regelungen, wie etwa Flächenstillegungsprämien
und Schlachtprämien sollten ebenfalls die überschüssige Produktion drosseln.
Eine weitere Folge der Überproduktionen war, dass die Garantiepreise zusehends
gekürzt wurden. Nach Regelungen der WTO (Welthandelsorganisation) sollen zukünftig
Subventionierungen von Agrarproduktionen und Export dieser Produkte untersagt
werden. Garantiepreise sind allerdings solche Subventionen. Deshalb müssen
diese gekürzt werden oder gar ganz wegfallen. Verdienstausfälle durch diese Kürzungen
sollen dann mit produktionsunabhängigen Einkommenszuschüssen ausgeglichen
werden. Zudem sollen Landwirte zu extensiver, umweltschonender Bewirtschaftung
angehalten werden, die finanziell unterstützt wird. Unterschiedliche Maßnahmen
der EU haben dazu geführt, dass die Bauern sich zuweilen mehr als
„“Antragsbauern“ und Subventionsempfänger als als Produzenten
landwirtschaftlicher Erzeugnisse fühlen. Die Tendenz geht allerdings weiterhin
weg von garantierten Preisen hin zu Einkommenstützen über direkte Hilfen. Eine
neue Herausforderung auf die EU-Agrarpolitik kommt durch die Osterweiterung
hinzu. Die neuen EU-Länder sind noch relativ stark landwirtschaftlich geprägt.
Schon jetzt machen die Ausgaben für die Landwirtschaft fast die Hälfte der
Ausgaben des EU-Haushalts in Höhe von ca. 90 Mrd € insgesamt aus.
Die Neuorientierung der EU-Agrarpolitik ist unter dem Stichwort „Agenda
2000“ bekannt geworden. Diese „Agenda 2000“ wird laufend fortgeschrieben
und neu gestaltet.
Die jüngsten Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) haben folgende Ziele:
- Europäische
Landwirtschaft soll wettbewerbsfähiger und marktorientierter werden
- eine
nachhaltige Finanzierbarkeit auch nach der Osterweiterung ermöglichen
- umweltschädliche
Anreize seitheriger Agrarpolitik durch Garantiepreise und damit
Produktionsanreize (die auch durch Einsatz umweltschädlicher Mittel erzielt
werden konnten) beseitigen
- nachhaltigere
(und ökologischere) und umweltverträglichere landwirtschaftliche
Produktionsweisen stärker fördern
- ein
Höchstmaß an Flexibilität der Produktionsentscheidungen ermöglichen und
- Einkommensstabilität
für die Landwirte, Planungssicherheit herstellen
- das
Landwirtschaftsmodell der europäischen Agrarpolitik auch gegenüber der
Welthandelsorganisation WTO besser verteidigen können. Die WTO hat immer wieder
die Subventionspolitik und die Stützungsmaßnahmen für die Landwirtschaft
gegenüber dem Weltmarkt kritisiert.
Reformmaßnahmen sind u. a.
- von
der Produktion unabhängige betriebsbezogene Einheitszahlungen mit einer Höchstgrenze
von 300.000 € pro Betrieb (dies würde vor allem ostdeutsche Großbetriebe
massiv treffen!)
- Verknüpfung
der Zahlung mit Einhaltung von Standards in den Bereichen Umwelt,
Lebensmittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz und der Verpflichtung,
alle Landwirtschaftsflächen in gutem Zustand zu erhalten
- Kürzung
der Direktzuzahlungen an Großbetriebe (Degression), um Zusatzmittel für die ländliche
Entwicklung frei zu machen und weitere Reformen finanzierbar zu machen
(Modulation)
- Anpassung
der Marktstützungspolitik, also der Garantiepreise für die Produkte der
Landwirtschaft.
Mit den Maßnahmen sollen die Probleme der Überproduktion, der immer wieder
auftretenden Skandale in der Landwirtschaft (BSE, Maul- und Klauenseuche,
dioxinverseuchtes Getreide...) und der hohen finanziellen Belastung durch die
GAP angegangen werden.
Zudem sollen auch kleinere Betriebe, etwa durch Förderung von Zusatzaufgaben
(Storchenprogramm, Streuobstwiesen usw.) erhalten bleiben können (Punkteprämien)
Der Grundsatz der Reform der EU-Agrarpolitik lautet: Qualität statt Quantität.
Die
in der Verantwortung des EU-Agrarkommissars Franz Fischler (aus Österreich)
stehenden Reformen werden allerdings auf großen Widerstand aus den Reihen
einzelner EU-Staaten und von Seiten der Interessensverbände stoßen. So befürchtet
etwa Frankreich als der größte Profiteur der seitherigen EU-Agrarpolitik
Nachteile. Deutschland als bedeutenster Nettozahler (Einzahlungen von fast 10
Mrd € stehen im Jahr 2000 Zahlungen in Höhe von etwa 5,5 Mrd € gegenüber
(vgl. dazu Frankreich, das 6,6 Mrd € einbringt und fast 9 Mrd € Rückfluss für
die eigene Landwirtschaft erhält) sorgt sich darum, dass das eingesparte Geld
durch die Reformen nicht in die Ökologie gesteckt wird, sondern in den Aufbau
der Landwirtschaft der neuen Ost-EU-Länder fließt und damit eine Erhöhung der
Nettozahlungen für Deutschland zu befürchten ist.
Für das Oberland soll noch ein Beispiel der konkreten Konsequenz aufgezeigt
werden. Der Milchpreis – so ist es derzeit geplant – soll bis 2008 auf 22
Cent pro Liter fallen, wobei allerdings Produktionskosten von 36 Cent anzunehmen
sind (Vergleichen Sie doch hierzu mal den Preis, den Sie beim Kauf eines Liters
Milch bezahlen müssen). Dieser enorme Unterschied wird kaum durch die
Direktzahlungen auszugleichen sein. Außerdem wird befürchtet, dass eine flächenhafte
Bewirtschaftung zukünftig nicht mehr möglich sein wird, was weitreichende
Auswirkungen auf das Landschaftsbild haben wird. Seitherige Förderungen etwa für
nachwachsende Rohstoffe – so ist es derzeit vorgesehen – sollen ebenfalls
nicht mehr in dem Maße gefördert werden wie bisher.
Europa
wird größer - die Osterweiterung der EU
Nachdem
die EU erfolgreich von 6 auf 15 Mitglieder angewachsen ist, ist seit 1. Mai 2004
die so genannte Ost-Erweiterung der EU vollzogen worden, die in ihrem Umfang und ihrer Vielfalt die größte
ist, die jemals stattgefunden hat. 13 Staaten haben sich um die Mitgliedschaft
beworben: zehn dieser Länder - Zypern, die Tschechische Republik, Estland,
Ungarn, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakische Republik und Slowenien
- sind am 1. Mai 2004 Mitglieder der EU. Bulgarien und Rumänien hoffen bis 2007 beizutreten, während die Türkei zur
Zeit nicht in Beitrittsverhandlungen steht. Der entsprechende Beschluss wurde
vom Europäischen Rat in Kopenhagen im Dezember 2002 getroffen. Der
Beitrittsvertrag wurde auf der Konferenz des Europäischen Rats in Athen am 16.
April 2003 unterzeichnet. Die Diskussion um einen Beitritt der Türkei ist ein
zentrales Thema im Europawahlkampf 2004. Dabei wird immer wieder - insbesondere
von Seiten der CDU und CSU - in Deutschland von einer "privilegierten
Partnerschaft" der EU mit der Türkei gesprochen. Einem echten Beitritt
stehen nicht wenige aus verschiedenen Gründen skeptisch gegenüber.
Um
der Europäischen Union beizutreten, müssen bestimmte wirtschaftliche und
politische Bedingungen, die sogenannten „Kopenhagener Kriterien“, erfüllt
werden.
Ein zukünftiges Mitgliedsland hat demnach folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
- Stabilität der Institutionen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte
sowie Achtung und Schutz von Minderheiten („politisches Kriterium“)
- eine funktionierende Marktwirtschaft und Konkurrenz- und Leistungsfähigkeit
im Binnenmarkt („wirtschaftliches Kriterium“
- Übernahme der gemeinschaftlichen Regeln, Standards und Verpflichtungen, die
die Gesamtheit des EU-Rechts
beinhaltet (sogenanntes „Aquis-Kriterium“)
Die EU unterstützt diese Staaten
bei der Übernahme des EU-Rechts und stellt eine Palette von finanzieller
Unterstützung zur Verfügung, um die Infrastruktur und Wirtschaft zu
verbessern.
Nur Malta und Zypern erfüllen die Kriterien zur Aufnahme in die EU. Allerdings
wird erwartet, dass die übrigen acht Länder, die 2004 beitreten sollen, schon
bald funktionsfähige Marktwirtschaften haben werden und nach Ansicht der
EU-Kommission dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der EU Stand
halten können. Rumänien und Bulgarien sollen erst 2007 beitreten. Frühestens
2004 soll es mit der Türkei Beitrittsverhandlungen geben, wenn diese bis dahin
alle politischen Kriterien (Beachtung der Menschenrechte,
demokratisch-rechtsstaatliche Verhältnisse) für eine Aufnahme erfüllt hat.
Mit dem Beitritt Zyperns gibt es noch das Problem, dass der von Griechen
bewohnte südliche Teil der Insel zu den Beitrittsländern gehört, der Nordteil
aber noch militärisch von der Türkei besetzt ist. Das künftige Zypern sollte
aus einem gemeinsamen Staat mit zwei gleichberechtigten Teilstaaten bestehen.
Dieser Wunsch wird allerdings vorläufig noch nicht Wirklichkeit werden.
(Foto: Günter Verheugen, EU-Kommissar für die Osterweiterung, SPD)
Gründe für die Erweiterung der EU
Eines der Hauptziele der EU ist es, vergleichbare Lebensverhältnisse
innerhalb der EU zu schaffen und die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede
zu verringern. Diesem Ziel ist auch der sogenannte „Kohäsionsfonds“
verpflichtet, der Maßnahmen im Umweltschutz und Verkehrsinfrastrukturmaß-nahmen
in der EU fördert.
Der Beitritt der zehn Staaten entspricht den politischen und
wirtschaftlichen Interessen der jetzigen wie der künftigen Mitglieder der EU,
und zwar vor allem aus drei Gründen:
-
politisch:
Die EU steht für politische Stabilität, Demokratie, Menschenrechte und
Minderheitenschutz. Mit der Erweiterung weitet sich diese Stabilitätszone nach
Osten und Süden aus. Der Frieden in Europa wird noch mehr gesichert. Zudem
erfahren die noch jungen Demokratien in den Beitrittsländern spürbare Unterstützung.
- historisch-kulturell: Die künstliche Trennung Europas in
"Ost" und "West" wird überwunden. Länder wie zum Beispiel
Polen und Ungarn, die historisch immer zum politischen Europa gehörten,
erhalten endlich die Chance, am Projekt der europäischen Integration
teilzunehmen. Für die Bürger der alten Mitgliedstaaten wird der
"vertraute" Raum, in dem wir uns frei bewegen, handeln, wirtschaften
und leben können, nach Osten und Süden ausgedehnt.
-
wirtschaftlich:
Die EU wächst um fast 100 Millionen Menschen zu einem Wirtschaftsraum mit
beinahe 500 Millionen Einwohnern. Damit entsteht der weltweit größte
einheitliche Markt, der für die Herausforderungen des globalen Wettbewerbs
hervorragend gerüstet ist. Das Wirtschaftspotential der Beitrittskandidaten ist
groß, die EU integriert mit diesen Ländern ausgesprochene Wachstumsmärkte.
Die gemeinsamen Spielregeln im vergrößerten Wirtschaftsraum erleichtern auch
kleinen und mittleren Unternehmen das wirtschaftliche Engagement. Berechnungen
haben ergeben, dass durch die EU-Erweiterung ein Wachstumsplus von 0,26 %
erfolgen soll.
Die Diskussion um die Direktzahlungen an Landwirte
Große Sorgen bereitet die befürchtete Kostensteigerung für die
Finanzierung der Landwirtschaft in den beitretenden Staaten. Um diese unter
Kontrolle zu halten, wurden einige Vereinbarungen getroffen.
Die Europäische Kommission hat im Januar 2002 vorgeschlagen, die neuen
Mitgliedstaaten erst schrittweise in die Direktzahlungen für Landwirte
einzubeziehen. Direktzahlungen sind im Rahmen von Reformen der Gemeinsamen
EU-Agrarpolitik als Ausgleichszahlungen für die Absenkung von Garantiepreisen
eingeführt worden (vgl. Agrar-Politik). Die vollen EU-Einkommenshilfen sollten
erst im Jahre 2013 den Landwirten der Bewerberstaaten ausbezahlt werden.
Voraussetzung für die Zustimmung des Europäischen Rates in Brüssel im Oktober
2002 zu diesem Vorschlag war die Einigung von Bundeskanzler Gerhard Schröder
mit dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac über die Finanzierung
der Agrarpolitik nach der EU-Erweiterung 2004. Danach werden die neuen
Mitgliedstaaten allmählich in die Direktzahlungen für Landwirte einbezogen,
gleichzeitig aber die EU-Agrarfinanzmittel für alle Mitgliedsstaaten in den
Jahren 2007 bis 2013 auf dem für 2006 vorgesehenen Niveau real festgeschrieben
(sogenannte „Plafondierung“). Dabei wird ein niedriger fester
Inflationsausgleich von einem Prozent vorgesehen. Hierdurch wird ein Einstieg in
eine Gegenfinanzierung der zusätzlichen Kosten bei den neuen Mitgliedstaaten
durch Einsparung bei allen erreicht.
Der Europäische Rat in Kopenhagen hat den Beitrittsländern überdies die Möglichkeit
eingeräumt, die EU-Direktzahlungen durch nationale Zuzahlungen in begrenztem
Umfang aufzustocken. Dies kann - ebenfalls in begrenztem Umfang - auch durch
Umschichtung von EU-Mitteln für ländliche Entwicklung geschehen.
Insgesamt soll für die EU-Erweiterung in den Jahren 2004 bis 2006 circa 40 Mrd
€ ausgegeben werden. Ein Problem der finanziellen Förderung ist, dass sechs
der zehn Beitrittskandidaten nur ein Drittel des durchschnittlichen Pro-Kopf-BIP
in der EU (ca. 20.000 €; Deutschland ca. 24.000 €) erreichen. Damit hätten
sie Anspruch auf Fördermittel sämtlicher EU-Strukturfonds, was dann wiederum
die finanziellen Mittel des Haushalts der EU sprengen würde.
Konsequenzen aus der Erweiterung der EU
Mit der Erweiterung der EU auf dann 25 Mitgliedsstaaten wird nicht nur der
Wirtschaftsraum räumlich und nach Zahl der Bevölkerung deutlich erweitert. Die
Erweiterung wird auch strukturelle Änderungen nach sich ziehen müssen. So wird
z. B. die Zahl der Kommissionsmitglieder dahingehend geändert werden müssen,
dass zukünftig jedes Land nur noch einen Kommissar entsenden kann. Die
Mehrheitsentscheidung im Ministerrat oder auch die Kompetenz des Europäischen
Parlaments werden neu geregelt werden müssen, damit die Organe der Europäischen
Union (Europäischer Rat, Europäische Kommission, Europäisches Parlament,
Europäischer Gerichtshof) ihre Entscheidungsfähigkeit behalten. Wieder einmal
wird auch die Abgrenzung der Entscheidungen auf europäischer Ebene von denen
auf nationaler Ebene diskutiert werden müssen. Hierfür wurde 2001 die
Schaffung eines EU-Konvents beschlossen, der derzeit unter der Präsidentschaft
von Valery Giscard d’Estaing Vorschläge zur künftigen Entwicklung der EU erörtert.
Die Reformvorschläge sollen im Juni 2003 vorgelegt werden. Schon jetzt gibt es
allerdings Befürchtungen, dass die Vorschläge so weitreichend sind, dass sie
die Entscheidungsbefugnis der einzelnen Mitgliedsstaaten zu sehr beschränken
werden (so zumindest die jüngst geäußerte Kritik von Ministerpräsident
Edmund Stoiber).
Mit der Erweiterung der EU wird einhergehen, dass noch mehr unterschiedliche
Kulturen, soziale Unterschiede und Unterschiede im Lebensstandard zu vereinbaren
sind. Das „Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten“, womit gemeint
ist, dass sich die Europäische Einigung trotz Mitgliedschaft in der EU
unterschiedlich schnell und intensiv entwickelt, wird wohl weiterhin oder gar
verstärkt Realität sein. So bleibt die Einschätzung des Europäischen
Parlaments aus dem Jahre 2000 bestehen: „Wegen des wirtschaftlichen Gefälles
zwischen West und Ost, wegen des enormen Anpassungsbedarfs in den Beitrittsländern
und wegen des großen Reformbedarfs innerhalb der Euroroäischen Union wird
diese Erweiterung zur größten Herausforderung in der Geschichte der europäischen
Einigung“ (zitiert aus: Europäisches Parlament, Hg., Europa 2000,
Millenium-Edition, Köln 2000, S. 3f).
Gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik
Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik
Die EU – so das klassische Modell –
steht auf drei Säulen:
- Wirtschaftspolitik, gemeinsamer Markt, Agrarpolitik, Währungsunion, Zollunion
usw.
- Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
- Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik
Diese drei Säulen wurden auf dem Maastrichter Vertrag (1993 in Kraft getreten)
festgelegt. Mit diesem Vertrag wurde die seitherige EG (Europäische
Gemeinschaft, die erste Säule, die vor allem wirtschaftliche Fragen im Blick
hatte) durch die zusätzliche „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“
(GASP) und die „Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik zur Europäischen
Union.
Die Ziele der GASP sind: Unabhängigkeit der Europäischen Union von anderen
Staaten, Wahrung des Friedens, Förderunge der internationalen Zusammenarbeit,
Bekämpfung des Terrorismus. Die EU will sich mit ihrer GASP für Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenwürde einsetzen.
Die Ziele der Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik sind die Abstimmung
der Asylpolitik, die Bekämpfung der Drogenkriminalität und die Bekämpfung der
internationalen Kriminalität insgesamt.
Gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
Im Gegensatz etwa zur
Agrarpolitik, bei der die EU weitgehende Entscheidungsbefugnis hat, wurde bei
der GASP den einzelnen Staaten der EU ein großes Maß an Eigenständigkeit
weiterhin zugestanden. Mitwirkende bei der GASP sind vor allem der Europäische
Rat, also die Staats- und Regierungschefs und der Präsident der EU-Kommission),
der Europäische Ministerrat und der „Hohe Vertreter“ für die Außen- und
Sicherheitspolitik (derzeit Javier Solana, Spanien, Foto). Das Amt des
Hohen Vertreters, des „Herrn GASP“, wie er scherzhaft genannt wird, gibt es
erst seit wenigen Jahren (Juni 1999). Als Maßnahmen der GASP sind zu nennen:
- „Schnelle Eingreiftruppe“, eine bis zu 60.000 Soldaten (davon etwa 12.000
Mann aus Deutschland) starke Truppe, die u. a. auch Kampfeinsätze zur
Friedenserzwingung führen soll, humanitäre Hilfeleistung erbringen und für
internationales Friedensmanagement verwandt werden soll. Die Verteidigung
Europas soll allerdings weiterhin die NATO sicher stellen. Diese „schnelle
Eingreiftruppe“ tritt dann ein, wenn die NATO nicht als Ganzes beteiligt ist.
Eine enge Zusammenarbeit mit der NATO ist allerdings erforderlich und wurde im
Dezember 2002 zugesagt. Javier Solana selbst hat übrigens beste Kontakte zur
NATO, weil er bis 1999 deren Generalsekretär war.
Im Jahr 2002 haben sich die EU-Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer GASP immer wieder
mit Appellen an Israel gewandt und den Rückzug aus den militärisch besetzten
palästinensischen Gebieten und die Aufgabe der israelischen Siedlungspolitik
gefordert. Die Palästinensische Autonomiebehörde wurde aufgefordert, die
terroristischen Gruppen Hamas und Dschihad zu zerschlagen und die bewaffnete
Intifada (= palästinensischer Aufstand) zu beenden.
Auch humanitäre Hilfe wurde im Namen der GASP gewährleistet.
Wie schwierig die GASP allerdings tatsächlich umzusetzen ist, zeigt sich an den
aktuellen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Irak-Konflikt.
Deutschland und Frankreich sprechen sich eindeutig gegen einen Krieg gegen den
Irak aus und fordern weiterhin diplomatische Bemühungen und eine Fortsetzung
der Waffenkontrollen. Großbritannien und Spanien, aber auch andere europäische
Staaten – übrigens auch einige, die demnächst zur EU kommen sollen –
sprechen sich für die Linie der amerikanischen Regierung aus und nehmen dabei
einen Krieg in Kauf. Die unterschiedlichen politischen Vorgehensweisen haben zu
der Formulierung des US-amerikanischen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld geführt,
der von einem „alten“ (Deutschland und Frankreich) und „neuen Europa“
sprach und somit fast einen Keil in die Bemühungen der europäischen Union
getrieben hat.
Zusammenarbeit in der
Innen- und Rechtspolitik
Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, die großen die Grenzen der einzelnen
Mitgliedsstaaten überschreitenden Probleme gemeinsam zu bewältigen. So muss
die Asylpolitik europaweit geregelt werden. Mit Schaffung der Europol und dem
geplanten „europäischen Haftbefehl“ ist eine intensivere Zusammenarbeit der
europäischen Staaten möglich. Der „europäische Haftbefehl“ soll am 1.
Januar 2004 in Kraft treten und die Auslieferung von Straftätern in den
EU-Staaten beschleunigen und erleichtern. Zu den Strafbeständen, bei denen der
„europäische Haftbefehl“ wirken soll, gehören u. a. Terrorismus,
Menschenhandel (nach Schätzungen werden jährlich 500.000 Frauen illegal in die
EU gebracht, um sexuell ausgebeutet zu werden), sexuelle Ausbeutung,
Kinderpornografie, illegaler Drogen- und Waffenhandel, Korruption, Geldwäsche
und Mord. Bis 2006/2007 soll eine EU-Grenzschutztruppe installiert werden, die
Terrorismus, Menschen- und Drogenhandel sowie organisierte Kriminalität besser
bekämpfen soll. Abstimmungen der Gesetzeslage zeigen sich in der Realität
allerdings doch schwieriger als erhofft. Gerade in der Innen- und Rechtspolitik
beharren die Einzelstaaten oftmals noch auf ihre Eigenständigkeit.
Insbesondere die Bekämpfung des internationalen Terrorismus stellt ganz neue
Anforderungen sowohl an die GASP und die Zusammenarbeit in der Innen- und
Rechtspolitik.