Christliche Kirchen

Orthodoxe Kirchen
Selbstbezeichnung für diejenigen Ostkirchen, die aus der seit dem 11. Jahrhundert von Rom getrennten oströmischen (byzantinischen) Reichskirche hervorgingen. Orthodoxie bedeutet wörtlich übersetzt die rechte Lehre.
Die orthodoxen Kirchen anerkennen als „autokephale“ Kirchen den Papst im Gegensatz zu den „unierten“ (vereinigten) Kirchen nicht als Oberhaupt an.
Die verschiedenen orthodoxen Kirchen gleichen sich in der Liturgie und Hierarchie sehr, sind allerdings in der Verwaltung und rechtlichen Verfassung selbstständig (daher der Begriff „autokephal“).
Zumeist werden sie nach dem nationalen Bereich in griechisch-orthodox, russisch-orthodox, serbisch-orthodox usw. eingeteilt.
Ihre Leiter werden meist Patriarch, Metropolit oder Erzbischof genannt (in der armenischen und der georgischen Kirche heißt der Leiter „Katholikus“).
In der Orthodoxen Kirche sind alle Bischöfe rechtlich und geistlich gleichgestellt - ein Patriarch, Metropolit oder Erzbischof hat gegenüber einem Bischof keine höhere Autorität und keine Jurisdiktion im Gebiet eines andern Bischofs, steht den Bischöfen seines Gebiets aber als "primus inter pares" (erster unter gleichen) vor und vertritt die Kirche gegen außen. Für eine ganze Kirche bindende Entschlüsse können aber nur von der Gemeinschaft der Bischöfe an einem Konzil oder einer Synode getroffen werden. Innerhalb seines Gebiets hat jeder Bischof die geistliche Jurisdiktion.
Der Patriarch von Konstantinopel genießt einen Ehrenvorrang.
Die orthodoxen Kirchen anerkennen die ersten sieben ökumenischen Konzile, weitere römisch-katholische Dogmen werden abgelehnt, so etwa die „Unbefleckte Empfängnis Mariens“ und die „Unfehlbarkeit des Papstes“.
Die Kirchensprache ist verschieden, die Liturgie, also die Form des Gottesdienstes aber überall gleich. Die Orthodoxen kennen eine ausgesprochene Heiligenverehrung und Ikonenverehrung. Ikonen werden verehrt, indem man sich vor ihnen bekreuzigt und sie küsst. Diese Verehrung wird dabei strikt unterschieden von Anbetung, die nur Gott zukommt. Auch die Verehrung bezieht sich nach orthodoxer Lehre auf den Dargestellten, nicht auf die Ikone selbst als einen Gegenstand aus Holz und Farbe.
Der Altar steht meist hinter einer Bilderwand (Ikonostase). Orgelmusik gibt es nicht.
Der Mittelpunkt der orthodoxen Spiritualität ist die reiche, hauptsächlich gesungene Liturgie voller Symbolik, deren heutige Form teilweise bis ins vierte Jahrhundert zurückgeht. Die Form des ersten Teils der Liturgie, die so genannte Liturgie der Katechumenen mit Gebeten und Bibellesungen, geht auf den jüdischen Synagogengottesdienst zurück, wie er zur Zeit Jesu üblich war, während der zweite Teil, die Liturgie der Gläubigen mit der Eucharistiefeier, rein christlichen Ursprungs ist. Die Namen beziehen sich darauf, dass früher alle noch nicht getauften Glaubensanwärter nach dem ersten Teil die Kirche verlassen mussten und die Türen verriegelt wurden.
Die ursprüngliche Liturgie dauerte fünf Stunden, die Basilius-Liturgie dauert etwa zweieinhalb, die Chrysostomos-Liturgie etwa eineinhalb Stunden. An den meisten Sonntagen wird die Chrysostomos-Liturgie gefeiert, an hohen Feiertagen die Basilius-Liturgie.
Die als „Popen“ bezeichneten orthodoxen Priester tragen Bart, langes Haar, einen schwarzen Talar und eine zylinderförmige Kopfbedeckung. Nur Mönche und Bischöfe, die meist nach der Regel des hl. Basilius leben, sind zur Ehelosigkeit verpflichtet.
Es gibt keine Frauenordination und keinen Altardienst für Frauen. Die Frau des Priesters hat eine Sonderstellung in der Gemeinde und einen speziellen Titel, arabisch Khouria und griechisch Presbytera (Älteste), oder russisch Matuschka (Mama). Vom Altardienst abgesehen, können Frauen prinzipiell sämtliche Funktionen in der Gemeinde ausüben, z.B. Kirchenrat, Chor leiten, Lektorendienst, Unterricht erteilen (auch für Erwachsene), Ikonen malen usw. Je nach lokaler Kultur ist die Beteiligung der Frauen am Gemeindeleben jedoch unterschiedlich.

Unierte Kirchen
Unierte Kirchen sind jene Ostkirchen (manchmal auch als orthodoxe Kirchen bezeichnet), die im Gegensatz zu den „autokephalen“ Ostkirchen (s. o.) sich nach der Trennung (im Jahre 1054 großes abendländisches Schisma) wieder mit der römisch-katholischen Kirche im Glauben vereinigt sind und den Primat (Vorrecht) des Papstes anerkennen. Sie haben ihre eigene Kirchensprache und meist auch eigene Hierarchien (Patriarchen, Metropoliten).
Zu den „unierten Kirchen“ (uniert bedeutet hier soviel wie wieder vereinigt) gehören etwa 10 Mio Gläubige, zu den orthodox-autokephalen Kirchen etwa 100 Mio.
Eine „unierte Kirche“ ist die melkitische, deren Patriarch Gregorius III. im Jahre 2003 das Studienkolleg besuchte. Patriarch Gregorius III wurde als Lutfi Laham 1933 in Darayya, nahe Damaskus in Syrien geboren. 1943 trat er in das St.-Saveur-Kloster bei Sidon (Libanon) ein. Studium im Libanon und Rom, 1956 Priesterweihe, 1961 Doktorat am Päpstlichen Orientalischen Institut in Rom. 1981 wurde er zum Bischof geweiht und bekleidete das Amt des Patriarchalvikar von Jerusalem und des Erzbischof der Griechisch-Melkiten von Damaskus. Am 29. November 2000 wählte ihn die Bischofssynode der griechisch-katholischen melkitischen Kirche zum Patriarchen von Antiochien und dem ganzen Orient, von Alexandrien und von Jerusalem. Patriarch Gregorius III. spricht Arabisch, Englisch, Französisich, Deutsch, Italienisch und Latein. Sein Amtssitz ist in Damaskus (Syrien) und Raboue (Libanon).
Während seiner Zeit als Patriarchalvikar in Jerusalem setzte sich Patriarch Gregorius III. Laham sehr für die Bemühungen um einen gerechten Frieden in der Region ein. Eines seiner Anliegen war auch das Gespräch der drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam.
Zur griechisch-katholischen melkitischen Kirche gehören etwa 3 Millionen Gläubige, vorwiegend in Syrien, dem Libanon, Israel, Ägypten und Jordanien, aber auch weltweit in den USA, Kanada, Westeuropa, Australien und Lateinamerika. Ein melkitisches Kloster gibt es auch in Altenbeken-Buke.
Die Melkiten folgen dem christlich-orthodoxen Ritus in arabischer Sprache und haben viele Traditionen der alten byzantinischen Kirche beibehalten. Sie akzeptieren den Papst in Rom als Oberhaupt, haben sich aber eine große Selbständigkeit bewahrt. Die melkitische Kirche ist eine der größten und einflussreichsten Kirchen des Nahen Ostens, die sich unter anderem durch gute Bildungsarbeit hervortut. Sie versteht sich als eine Art Brücke zwischen Ost- und Westkirche.
Zur Stellung der katholischen Ostkirchen gegenüber der römischen Mutterkirche hat Patriarch Gregorius gesagt:  „Die ostkirchlichen Patriarchate müssten ein Partner für die römische Kurie sein, und nicht ein Untertan. Sie müssen Dialogpartner sowohl für die römischen wie auch für die Orthodoxen sein“

Anglikanische Kirche
Die anglikanische Kirche ist die englische (protestantische) Staatskirche, die auch in Irland, im Commonwealth und in den USA vertreten ist. Sie entstand aus der Trennung Heinrichs VII vom Papsttum. Ihr Glaubensbekenntnis sind die 39 anglikanischen Artikel aus dem Jahre 1563. Von den zwei Erzbischöfen und 43 Bischöfen der anglikanischen Kirche sind 26 Mitglied im Oberhaus. Die anglikanische Kirche kennt nur zwei Sakramente (Taufe und Abendmahl), lehrt, dass Rechtfertigung nur aus Glauben geschehe und anerkennt nur die Heilige Schrift. Die mündliche Tradition und der päpstliche Primat wird abgelehnt. Wenngleich die anglikanische Kirche also in der Lehre und im Bekenntnis der evangelischen Kirche nahe steht, besteht in Bezug auf Gottesdienst und Verfassung größere Nähe zur katholischen Kirche. Das Kirchenoberhaupt ist der König oder die Königin. 1994 wurden erstmals Frauen zu Priesterinnen ordiniert. 

Altkatholische Kirche
Die altkatholische Kirche hat sich nach dem Unfehlbarkeitsdogma (I. Vatikanisches Konzil) gebildet. Als ihr Gründer gilt Ignaz Dollinger.
Als auf dem Ersten Vatikanischen Konzil 1869/70 gegen den Widerstand einer relativ großen Minorität die beiden Dogmen von der Unfehlbarkeit des Papstes und seiner bischöflichen Allgewalt beschlossen wurden fanden sich in Deutschland Österreich und der Schweiz jene Katholiken zusammen die sich gewissensmäßig mit den neuen Dogmen nicht abfinden konnten. Sie wollten zunächst keine eigene Kirche gründen wurden aber meist aus staatskirchen-rechtlichen Gründen dazu gezwungen. Große Unterstützung erfuhren sie durch die Kirche in den Niederlanden, wo sich bereits 1723 eine Gruppe von Katholiken mit dem Erzbischof von Utrecht von Rom losgesagt hatte.
Glaubensgrundlage ist die Heilige Schrift und die Glaubensentscheidungen der Alten Kirche des ersten Jahrtausends. Die Ergebnisse der modernen Bibelwissenschaft werden sehr hoch geschätzt.
Heil des Menschen ist der Glaube an Jesus Christus der ein Geschenk Gottes ist. D.h. Gottes Liebe geht allem menschlichen Mitwirken voraus. Menschliche Werke sind nur Antwort auf Gottes Gnade.
Die altkatholische Kirche kennt Taufe, Abendmahl (in beiderlei Gestalt), Firmung, Ehe, Weihe, Buße und Krankensalbung als Sakramente. Die wichtigsten Sakramente sind Taufe und Abendmahl.
Die altkatholischen Kirchen sind im Grunde Episkopalkirchen. Mit den Altkatholischen Kirchen Deutschlands der Niederlande der Schweiz Polens Tschechiens der Slowakei des ehemaligen Jugoslawiens und der USA bildet die Österreichische Altkatholische Kirche die Utrechter Union mit dem Erzbischof von Utrecht als Ehrenprimas (500.000 Mitglieder in 15 Diözesen).Die Kirche ist bischöflich-synodal organisiert. D.h. Laien sind auf allen Ebenen in die Entscheidung eingebunden. Sie wählen die Pfarrer und mit den Geistlichen den Bischof sowie alle Laienvertreter der Kirche.
Das dreifache Amt - Diakon Priester Bischof - ist in apostolischer Sukzession erhalten. Die Bischöfe der altkatholischen Bistümer bilden gemeinsam die altkatholische Bischofskonferenz deren Ehrenvorsitzender der jeweilige Erzbischof von Utrecht ist. Frauen können zur Diakonin geweiht werden. Am Pfingstmontag 1996 wurden in Konstanz/Deutschland die ersten zwei Frauen der altkatholischen Kirche zu Priesterinnen geweiht.
Im Gottesdienst gibt es eigentlich keinen Unterschied zur römisch-katholischen Messe. Bei der Eucharistiefeier empfangen auch die Laien Brot und Wein. Insgesamt zeigt sich in der altkatholischen Kirche allerdings – etwa in Bezug auf den Kirchenbau – eine gewisse Schlichtheit gegenüber manchen katholischen Kirchen.
Die Verehrung der Heiligen ist nicht sehr ausgeprägt Wallfahrtsorte und Wallfahrten gibt es nicht. Maria wird als Mutter des Herrn verehrt aber es gibt keine spezifische Marienverehrung. Die Dogmen von der "Unbefleckten Empfängnis" und der "Leiblichen Himmelfahrt Marias" werden abgelehnt.
Weltweit gibt es etwa 9 Mio Altkatholiken.

Reformierte Kirchen
Die evangelischen Kirchen, die sich auf Zwingli und vor allem Calvin zurückführen, werden als reformiert bezeichnet.
Anders als in vielen katholischen und lutherischen Kirchen ist der Altar in reformierten Kirchen schlicht und ohne künstlerische Ausstattung und somit Ausdruck der reformierten Abendmahlstheologie, nach der sich die Christen lediglich an das Leiden Christi erinnern, das Abendmahl also „nur“ symbolischen Charakter hat und als „geistige Teilhabe“ am Leib und Blut christi verstanden wird. Zudem fehlen Bilder im Kirchenraum, was auf die strenge Einhaltung des Bilderverbots (vgl. Dtn 5,8) des Alten Testaments hinweist. Die reformierte Kirche beruft sich in ihrer Theologie vor allem auf Calvin, u. a. auf dessen Prädestinationslehre [1] , sein Verständnis kirchlicher Ämter (es gibt im Calvinismus kein Priestertum) und seine Auffassung vom Widerstandsrecht gegenüber der Obrigkeit, die im Gegensatz zu Luthers Loyalitätsdenken im Blick auf die Fürsten steht. Die Kirche gilt als die Gemeinschaft der Auserwählten. Die Bibel stellt die höchste Autorität dar. Der Calvinismus ist bemüht ein durch und durch strenges biblisches Christentum und ein sündenfreies Leben zu führen. Der Gottesdienst ist von Nüchternheit und Einfachheit gekennzeichnet. Der Calvinismus ist vor allem in weiten Teilen der Schweiz und Frankreiches, aber auch in Deutschland, den Niederlanden und in Nordamerika wirksam geworden.

Quellen:
Georg Bubolz (Hg), Religionslexikon, Düsseldorf 1990 (verschiedene Artikel)
www.evkirchebadlippspringe.de/gbrief0202/patriarch_gregorius_iii.htm
www.studienkolleg-obermarchtal.de 
Herders Volkslexikon von A-Z, Freiburg 1973 (verschiedenen Lexikonartikel)
www.netburger.at/aie/docs/konfessionen/altkatholiken/ 15.1.2004


[1] Prädestination bedeutet Vorherbestimmung. Weil Gott allmächtig, erhaben und allwissend ist, sieht er auch die Schuld des Menschen voraus. Daraus ergibt sich, dass Menschen zum Heil oder zur Verdammnis bestimmt sind. Gott ist allerdings nicht der Urheber der menschlichen Bestimmung.