Das biblische Verständnis von
Glauben ist auf den hebräischen Begriff „emunah“ zurückzuführen.
Dieser bedeutet soviel wie Treue, Festigkeit, Zuverlässigkeit,
Wahrhaftigkeit.
Als Verb meint das hebräische „aman“ festmachen, festhalten, fest
glauben, trauen.
Damit ist eine wechselseitige Beziehung gedacht.
Daraus folgt, dass nach biblischem Verständnis Glaube nicht zunächst das
Annehmen unbewiesener Inhalte bedeutet, sondern ein persönliches Verhältnis
des Vertrauens des Menschen zu Gott, anders ausgedrückt: eine Ich-Du-Korrelation
zwischen Gott und Mensch.
Indem die Menschen sich auf das Du Gottes, auf die Personalität Gottes
einlassen, erfahren sie seine Menschenfreundlichkeit und seine Nähe, erfahren
überhaupt, dass Gott ist.
Diese Überzeugung spiegelt sich in verschiedenster Weise in der Bibel wieder.
So ist die Beziehung der Menschen zu Gott Thema der Psalmen (der 150 Lieder
des Alten Testaments). In Glaubensschicksalen (von Abraham über Mose zu den
Propheten, Hiob und vielen anderen bis hin zu Jesus Christus, zu Maria,
Paulus, den Aposteln und weiteren Glaubenszeugen) wird deutlich, dass ein
geradezu persönlicher Zugang erst die Erfahrung Gottes ermöglicht und damit
Glaube möglich wird. Somit hat – nach dem Vorbild der Bibel – der Begriff
Glaube absolut nichts zu tun mit der lapidaren Definition von Glauben als „Nicht-Wissen“.
Glaube ist Beziehung, vertrauensvolle Beziehung, Begegnung, ja Kommunikation
mit bzw. ein "dialogisches Verhältnis" zu Gott.
Glaube als Vertrauen ist existentielle Entscheidung, die naturgemäß
Ungewissheit einschließt. Glaube, der bewiesene Gewissheit verlangt, kann
kein Glaube mehr sein.
Auf diesem Hintergrund gehört – auch nach dem „Vorbild“ der biblischen
Glaubensgestalten, vielleicht bis zu Jesus selbst – Fragen, Zweifeln,
Nachdenken und der Rückgriff auf die Vernunft geradezu selbstverständlich
zum Glauben. Klassisches Beispiel dafür, dass auch Jesus selbst die Dimension
des Zweifels, gar des Unglaubens akzeptiert, ist die Bitte eines Vaters,
dessen „besessener“ Sohn von Jesus geheilt werden soll. Der Vater bittet
Jesus um Hilfe „Wenn du kannst, hilf uns“ (Mk 9,22). Hoffnung und
Vertrauen, aber auch vorsichtige Skepsis spielen in diesem Anruf mit.
Schließlich gipfelt der Hilferuf des Vaters gar in der Aussage „Ich glaube,
hilf meinem Unglauben“ (Mk 9,23f). Und Jesus – so wird uns geschildert –
hilft.
Glaube ist also nicht zuerst Glaube an Inhalte, sondern an die Personalität
Gottes, an das Gegenüber Gott, der „geschichtsmächtig“ eingreifen kann
und zur Lebensbewältigung hilft (in der Sprache der Theologie heißt diese
Form des Glaubens an einen geschichtsmächtigen Gott Theismus im
Gegensatz zum Deismus, der zwar von der Schöpfung der Welt durch Gott
ausgeht, an ein Eingreifen Gottes in die Welt und in die Geschichte und damit
in das Leben der Menschen nicht glaubt. Der Deismus ist häufig auch bei
Philosophen anzutreffen)
Das biblische Gottesbild, sowohl des Alten als auch des Neuen Testaments ist
somit ein theistisches.
Ein gläubiger Mensch glaubt also nicht vornehmlich an die Bibel, an die
Tradition, an die Kirche oder an Glaubenssätze der Kirche, sondern an den,
den die Bibel bezeugt, nämlich Jahwe und Jesus Christus, an den, den die
Tradition überliefert, nämlich an Gott, und an den, den die Kirche
verkündet, nämlich an Gott in den drei Personen Gottvater, Sohn und Heiliger
Geist. „Credo in Deum“, das „ich glaube an Gott“
ist das Zentrum des Glaubens, das später dann in Formulierungen des Glaubens
(Glaubensbekenntnisse) konkretisiert wurde.
Nach der klassischen Unterscheidung des fides qua (creditur) und fides
quae (creditur), die erstmals von Aurelius Augustinus formuliert wurde,
ist Glaube also tatsächlich erst fides qua, also ein personales
Vertrauensverhältnis und damit eine Grundhaltung des Lebens, die den ganzen
Menschen und seine Einstellung zum Leben betrifft. Der Mensch maßt sich nicht
an, das Leben und die Geschichte selbst bestimmen und gestalten zu können,
sondern weiß sich in der Geborgenheit Gottes, aus der der Mensch Konsequenzen
für sein Leben zieht.
In der Beziehung zu Jesus Christus fallen beide, fides qua und fides quae
zusammen. Zum einen kann zu Jesus Christus ein persönliches Verhältnis des
Vertrauens aufgebaut werden, das etwa durch das Gebet als „Sprechen mit Gott
bzw. Jesus Christus wie mit einem Freund“, gepflegt wird. Gleichzeitig wird
Jesus Christus zum Glaubensinhalt (fides quae), wenn man an seine Botschaft
vom anbrechenden Reich Gottes, an seinen Tod als Konsequenz seines Lebens und
Befreiung der Menschen von der Schuld und an seine Auferstehung als göttliche
Heilstat und Hoffnung für alle Menschen glaubt.