Das
Datum der Wiedervereinigung Deutschlands ist der 3. Oktober 1990 und wird seither als
"Tag der deutschen Einheit" alljährlich gefeiert. Der frühere Tag
der deutschen Einheit am 17. Juni 1953 (Aufstand in der DDR) wurde abgeschafft.
Nach 40 Jahren Trennung wurden die beiden deutschen
Staaten an diesem 3. Oktober 1990 vereinigt. Beschlossen wurde der Beitritt der
DDR zur
Bundesrepublik schon am 23. August in der Volkskammer der DDR. Die Regelungen
der Einigungen wurden im "Einigungsvertrag" vom 6. September 1990
festgelegt.
Am
3. Oktober 1990 löste sich die DDR als selbständiger Staat auf und die fünf
wieder bzw. neu geschaffenen östlichen Bundesländer Brandenburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen sowie Ost-Berlin
wurden Teil der Bundesrepublik Deutschland. Seitdem ist Deutschland wieder ein
geeintes Land.
(auf dem sind
zu von links nach rechts zu erkennen: Willy Brandt, Dietrich Genscher, Hannelore
Kohl, Helmut Kohl, Richard von Weizsäcker)
Mit einem Staatsvertrag über die
Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion war die
Vereinigung im Juli 1990 vorbereitet worden. Die Fluchtbewegung, die friedlichen
Massendemonstrationen und die politischen Kräfte aus der Opposition, aber auch
die desolate Wirtschaftssituation in der DDR waren die
entscheidenden Faktoren, die das Ende der 40-jährigen SED-Herrschaft herbeiführten.
Willy Brandt erklärte in diesem Zusammenhang: "Es wächst zusammen, was
zusammen gehört" und dankte in einer bewegenden Ansprache Gott, dass er
diesen Tag noch erleben durfte. Der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt starb
im Oktober 1992.
Ostverträge der 70-er Jahre
Im geschichtlichen Rückblick kommt
wohl gerade auch Willy Brandt eine wichtige Funktion zu, die letztlich zur
eigentlich schon kaum mehr erwarteten Wiedervereinigung führte.
Erst als Brandt im Jahre 1969
Nachfolger von Kurt-Geog Kiesinger wurde, erfuhr die Ostpolitik Deutschlands
neue Impulse. Durch "Versöhnung mit dem Osten" wollte die Regierung
Brandt die starren Fronten aufweichen.
Schon
1970 wurde mit der Sowjetunion ein Vertrag geschlossen. Darin wurde
festgestellt: "Die Bundesrepublik Deutschland und die Union der
Sozialistischen Sowjetrepubliken stimmen in der Erkenntnis überein, dass der
Friede in Europa nur erhalten werden kann, wenn niemand die gegenwärtigen
Grenzen antastet... Sie betrachten heute und künftig die Grenzen aller Staaten
in Europa als unverletzlich ... einschließlich der Oder-Neiße-Linie
(Anmerkung: Grenze zu Polen) ... und der Grenze zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik."
Noch im selben Jahr wurde der
Warschauer Vertrag mit Polen abgeschlossen. Darin wurde ebenfalls die Grenze
anerkannt. Zudem verzichtete die Bundesrepublik in diesem Vertrag auf
"Gebietsansprüche" gegenüber Polen (Anmerkung: Aus dem Gebiet des
heutigen Polen wurden nach dem II. Weltkrieg Tausende von Deutschen (v. a.
Ostpreußen, Schlesier) vertrieben). Das Bild mit dem Kniefall Willy Brandts vor
dem Mahnmal im ehemaligen Warschauer Ghetto ist wohl das bekannteste, das es von
ihm gibt.
Die sogenannten "Ostverträge"
wurden übrigens von der CDU/CSU-Opposition heftig kritisiert, weil damit die
immer wieder formulierten Ansprüche etwa auf Gebiete im jetzigen Polen
aufgegeben wurden. Diese Ansprüche wurden vor allem von den
Heimatvertriebenen-Verbänden formuliert.
Schon mit den Treffen des damaligen
Ministerpräsidenten der DDR, Willi Stoph in Erfurt und Kassel wurde eine
"Normalisierung" der Beziehungen zur DDR in die Wege geleitet. Schließlich
kam es dann auch mit der DDR zu einem Vertragsabschluss, der als
"Grundlagenvertrag" bezeichnet und 1972 beschlossen wurde und
1973 in Kraft trat. Darin heißt es schon im Artikel 1: "Die Bundesrepublik
Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik entwickeln normale
gutnachbarliche Beziehungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung" und
weiter im Artikel 6: "Sie respektieren die Unabhängigkeit und Selbständigkeit
jedes der beiden Staaten in seinen inneren und äußeren Angelegenheiten".
Heftige politische
Auseinandersetzungen zwischen der SPD/FDP-Regierung der CDU/CSU-Opposition
folgten. Die CDU/CSU sah mit dem Vertrag die Trennung der deutschen Staaten als
für alle Zeiten festgelegt werde.
Der Annahme des Vertrags ging dann auch die Erklärung voraus, dass eine endgültige
Klärung der "Deutschen Frage" (des Verhältnisses zwischen der
Bundesrepublik und der DDR) erst in einem Friedensvertrag erfolgen könne.
Inhalt des Grundlagenvertrags
Der deutsch-deutsche
Grundlagenvertrag tritt 1973 in Kraft. Die beiden Republiken sagen einander zu,
ihre Staatlichkeit zu respektieren. Vereinbart werden: Anerkennung der Grenzen,
Beschränkung der Hoheitsgewalt auf das jeweilige Staatsgebiet, Austausch 'ständiger
Vertreter' (anstatt von Botschaftern, wie es ansonsten zwischen souveränen
Staaten üblich ist), Beibehaltung des innerdeutschen Handels, Antrag beider
Staaten auf UNO-Mitgliedschaft. Die Bundesrepublik und die DDR werden später in die
Vereinten Nationen aufgenommen.
Die weitere Entwicklung
In den Folgejahren trifft die DDR
immer wieder Regelungen, um die Trennung festzuschreiben. Gleichzeitig aber wächst
der Drang der voneinander getrennten Menschen, sich zu begegnen. Bis 1985 gehen
204.000 illegal über die Grenze in den Westen. Die Bundesrepublik versucht
(z.B. durch Millionen-Kredite) Zugeständnisse etwa im Reiseverkehr zwischen Ost
und West zu erreichen. Trotz
wirtschaftlicher Erfolge treten in der DDR immer wieder Versorgungsprobleme auf,
die den Alltag der Menschen erschweren. Zu Annäherungen kommt es in den 80er
Jahren. Die Kontakte werden intensiver, die "Normalisierung" des Verhältnisses
beider Staaten kommt voran.
Widerstand in der DDR
Seit Gründung der DDR hat sich
immer wieder Widerstand gegen das sozialistische Regime gebildet. Das wichtigste
Datum in diesem Zusammenhang war gewiss der 17. Juni 1953 mit dem Aufstand in
der DDR, der ursprünglich von Bauarbeitern in Ostberlin ausging und dann auf
das ganze Land übergriff. Zeichen des
Widerstands war allerdings auch die Fluchtbewegung, die auch nach dem Bau der
Mauer anhielt. Bis zum Bau der Mauer im August 1961 waren bereits 2,6 Millionen Menschen
geflohen (mehr als 10 % der Bevölkerung!!). Später wurde die Flucht erschwert.
Wer erwischt wurde, musste wegen "Republikflucht" ins Gefängnis (so
etwa auch Freya Klier).
Anfang der 80-er Jahre bildeten
sich dann zusehends Friedens- Umwelt- und Menschenrechtsbewegungen, die mit
gewaltfreiem Widerstand die Verhältnisse in der DDR kritisierten.
Schließlich wurden die Proteste
und Demonstrationen im Jahre 1989 massiv. Im Herbst 1989 waren es mehrere
Hunderttausend Menschen, die auf die Straße gingen. Die sogenannten
"Montagsdemonstrationen" in Leipzig im Anschluss an einen
Friedensgottesdienst in der Gethsemanekirche versammelten immer mehr Menschen.
Mit dem Ruf "Wir sind das Volk" wurde für Reisefreiheit, Demokratie
und Menschenrechte demonstriert. Auch die Feierlichkeiten zur 40-jährigen
Staatsgründung, bei denen der SED-Generalsekretär Erich Honecker noch jegliche
Reformen ablehnte, konnten die Proteste nicht stoppen. Honecker musste
allerdings wenige Tage danach zurücktreten.
Schon ab Mai 1989 flohen über Ungarn,
das die Grenze zu Österreich öffnete, Tausende von DDR-Bürgern.
Schließlich wurde auch in der DDR
der Druck so groß, dass am 9. November 1989 die Grenzen zur Bundesrepublik
Deutschland und nach West-Berlin geöffnet wurde.
Michail Gorbatschow und der
Reformkurs in der Sowjetunion
1985
wurde Michail Gorbatschow zum Generalsekretär der KPdSU (Kommunistischen Partei
der Sowjetunion) gewählt. Er leitete wesentliche Reformen in der Sowjetunion
selbst, aber auch im Verhältnis der Sowjetunion zu den sozialistischen Staaten des
Ostens, ein. Ohne diese Reformen wäre die deutsche Wiedervereinigung wohl erst
viele Jahre später möglich geworden.
Von ihm ist
auch der bekannte Satz "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben" überliefert,
den er im Zusammenhang mit der Reformverweigerung des DDR-Staatssekretärs Erich
Honecker anlässlich des 40. Jahrestags der DDR formulierte. 1989 besuchte Gorbatschow Deutschland.
Vermutlich war es auch seinem Einfluss zu
verdanken, dass die Demonstrationen in der DDR nicht
mit Waffengewalt (wie es in früheren Jahren ja in anderen Staaten
durchaus üblich war, z. B. in Ungarn 1956 oder der Tschechoslowakei im August
1968) unterdrückt
wurden. 1990 erhielt Gorbatschow für seine Reformen und sein politisches
Handeln den Friedensnobelpreis.
Im Juli 1990
trafen sich der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl und der Präsident der UdSSR,
Michail Gorbatschow, im Kaukasus und regelten die heftig diskutierte Frage, ob
ein vereinigtes Deutschland in der NATO Mitglied sein dürfte so, dass dies bei
einem Abbau der Bundeswehr möglich wurde.
Am 12.
September wurden die 2 plus 4 Verhandlungen (die beiden deutschen Staaten und
die vier Siegermächte USA, Frankreich, Großbritannien und Sowjetunion)
abgeschlossen. Diese Verhandlungen öffneten schließlich den Weg zur deutschen
Wiedervereinigung. Im Vertragstext wurde unter anderem vereinbart, dass die
Grenze mit Polen bestehen bleibt, das "vereinte Deutschland keinerlei
Gebietsansprüche gegen andere Staaten (erhebt) und solche auch in Zukunft nicht
erheben wird". Schließlich erklärten die Siegermächte, dass sie
"hiermit ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und
Deutschland als Ganzes beenden".
Die
Wiedervereinigung in den Köpfen
Der überschwänglichen
Freude über die politische Wiedervereinigung muss nun die Wiedervereinigung
"in den Köpfen" erfolgen. Unterschiedliche Erfahrungen mit Kultur,
Geschichte, Staatsform, Wirtschaft prägen nach 1990 die "alten" und
die "neuen" Bundesländer. Den Versprechungen von "blühenden
Landschaften", die schon bald in der ehemaligen DDR entstehen sollten,
folgte bald Ernüchterung. Die wirtschaftliche Situation zeigte sich als fast
schon katastrophal. Die "Treuhandanstalt" hatte die Aufgabe, frühere
Staatsbetriebe in privatwirtschaftlich geführte Betriebe zu überführen. Die
Eigentumsverhältnisse blieben noch längere Zeit ungeklärt. Erhoffte großangelegte
Investitionen von Unternehmen aus dem Westen blieben weitgehend aus. Die Zahl der
Arbeitslosen stieg im Osten rapide an. Viele Menschen "machten" nach
dem Westen "rüber" und verließen ihre Heimat. Noch heute ist die
Zahl der Arbeitslosen im Osten Deutschlands deutlich höhere als im Westen (so
z. B. im März 2002, als in den alten Bundesländern etwa 9 %, in den neuen fast
19 % arbeitslos gemeldet waren). Einige "Wessis", wie die Westdeutschen bezeichnet wurden, fühlten sich den
"Ossis" überlegen. Das Unrechtssystem der ehemaligen DDR mit ihrem
ausgeklügelten Spitzelsystem führte auch noch nach der "Wende"
(also der Wiedervereinigung) zu großem Misstrauen in der Bevölkerung.
Die
Finanzierung des "Aufbaus Ost" wurde wesentlich teurer als ursprünglich
angenommen. Seit 1990 ist bereits mehr als eine Billion Mark nach dem Osten
transferiert worden. Noch heute wird ein "Solidaritätszuschlag" auf Lohn- und
Einkommenssteuer erhoben, der momentan 5,5% der Steuerlast beträgt.
Dennoch wurden
staatlicherseits, aber auch auf Landes- oder kommunaler Ebene (etwa durch Städtepartnerschaften)
und von privater Seite vielfache Bemühungen gestartet, um die "Mauer in
den Köpfen" abzubauen.
Es wird wohl
noch einige Jahre dauern, bis Deutschland nicht nur völkerrechtlich, sondern
auch im Bewusstsein der Menschen ein Land sein wird. "Wir werden erst
lernen müssen, dass wir ein Volk sind", schrieb ein Journalist im Blick
auf die Wiedervereinigung. Manche behaupten, es wird wohl etwa eine Generation
(etwa 20 bis 30 Jahre) dauern, bis nicht mehr von West- und Ostdeutschland
gesprochen wird.