Gesellschaft und Sozialstaat in der Bundesrepublik Deutschland

1) Begriffsklärungen

STAAT: Vereinigung von einer Vielheit von Menschen innerhalb eines abgegrenzten geographischen Raumes unter einer souveränen Herrschaftsgewalt. Der Staat hat das Monopol der legitimen physischen Gewaltanwendung inne. Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist der Staat eine juristische Person, also eine Gebietskörperschaft mit oberster, unabgeleiteter Anordnungsgewalt.
VOLK:  Durch gemeinsames kulturelles Erbe und historisches Schicksal gekennzeichnete Lebensgemeinschaft von Menschen. Wesentlich hierbei ist das Gefühl innerer, meist auch äußerer Zusammengehörigkeit. Wird häufig synonym zum Begriff der Nation gebraucht, wobei das Volk nur in geringerem Maße die Vorstellung der staatlichen Einheit kennt.
NATION: Politische Gemeinschaft bzw. soziale Großgruppe, die durch die Gemeinsamkeit in Abstammung, Wohngebiet, Sprache, Religion, Welt- und Gesellschaftsvorstellungen, Rechts- und Staatsordnung, Kultur und Geschichte gekennzeichnet ist. Entscheidend ist, dass die Angehörigen einer Nation von deren Anders- und Besonderssein im Vergleich zu allen anderen Nationen überzeugt sind. (vgl. die Begriffe Staatsnation und Kulturnation)
GESELLSCHAFT: Das strukturierte und organisierte System menschlichen Zusammenlebens und –wirkens. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden die westlichen Demokratien mit dem Begriff der pluralistischen Gesellschaft im Sinne eines vielschichtigen Gruppen- und Wertesystems identifiziert.
In der Soziologie bezeichnet Gesellschaft das Zusammenwirken der Menschen, sofern es in sich geordnet oder bewusst organisiert ist. Im Gegensatz zum Staat umfasst eine Gesellschaft alle Menschen, die in einem Land leben – unabhängig von ihrer Nationalität. In einem Staat sind alle Menschen, die Staatsbürger, vor dem Gesetz gleich. Der Staat ist somit die Organisationsform der Gesellschaft. In einer Gesellschaft sind alle Menschen ungleich und ergeben so eine komplexe Gesellschaftsstruktur.
Sozialstaat: Die Sozialstaatlichkeit der Bundesrepublik wird in Art. 20 I GG festgelegt. Damit sollen die Mitverantwortung des Staats für die Ausgleichung sozialer Gegensätze innerhalb des Staatsvolkes und die staatliche Pflicht, in sozialen Notlagen Hilfe zu leisten, verdeutlicht werden. Dies unterscheidet den Sozialstaat vom liberalen Rechtsstaat, dessen alleiniges Anliegen die Gewährleistung von Freiheit, Eigentum und Rechtsgleichheit ist, um einen gesellschaftlichen Freiraum im Verhältnis zum Staat abzugrenzen.

  Quelle: verschiedene Lexikas wie z. B. Brockhaus in drei Bänden u. a., Blickpunkt Bundestag - August 1999 (Art. Sozialstaat)

2) Sozialstruktur und soziale "Schichtung"

Soziale Ungleichheiten sind - trotz aller utopischen Träumereinen - in der Gesellschaft faktische Selbstverständlichkeit. Aufbauend auf dieser Erkenntnis war es schon immer Aufgabe der Soziologie (= Gesellschaftslehre, Wissenschaft von der Gesellschaft, ihren Formen, Gesetzlichkeiten und ihrer Entwicklung  ) Kriterien zu finden, wie der jeweilige Status von Menschen in eine Struktur zu bringen ist. So wurden Klassen- und Schichtmodelle entwickelt, später dann mit Milieumodellen erweitert. 
Solche Kriterien sind etwa Bildung, Beruf, Einkommen, Vermögen (objektive Faktoren). Neuerdings kommen - insbesondere für die Milieuforschung auch Lebenseinstellungen, Leitbilder, Wertorientierungen, Freizeit- und Konsumverhalten (subjektive Faktoren) hinzu.
Soziale Gerechtigkeit
Man spricht von vertikaler Ungleichheit (etwa in Bezug auf Einkommenssituation, Vermögen usw.), aber auch von horizontaler Ungleichheit (etwa bei einer Differnzierung innerhalb gleicher Schichten, wobei Kriterien z. B. Nationalität, Alter, Geschlecht oder gar Zahl der Kinder sind). Eine Gesellschaft wird als gerecht erfahren, wenn die jeweiligen Schichten als "durchlässig" erfahren werden, das heißt wenn - etwa durch eigene Leistung - eine "vertikale Mobilität" möglich ist, also ein Aufstieg in eine "höhere" Gesellschaftsschicht. Es ist Aufgabe des Staates als Organisationsform der Gesellschaft die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass in der Gesellschaft eine solche vertikale Mobilität durch ein möglichst hohes Maß an Chancengleichheit möglich wird (Beispiel: Ermöglichung der Schulbildung und eines Studiums unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern).