Kontrolle politischer Herrschaft und politischer Entscheidungsprozess

I Gewaltenteilung und –verschränkung in der parlamentarischen Demokratie
1) Begriff und Geschichte der Gewaltenteilung
Gewaltenteilung ist ein Grundsatz für die Organisation der Staatsgewalt, der Machtmissbrauch verhindert, Rechtsstaatlichkeit gewährleistet und die Freiheit der Bürger sichern soll.
Klassisch ist die Einteilung in Legislative (gesetzgebende Gewalt oder Gesetzgebung), Judikative oder Jurisdiktion (richterliche Gewalt oder Rechtssprechung) und Exekutive (ausführende oder vollziehende Gewalt).
Die jeweiligen „Gewalten" werden voneinander unabhängigen Staatsorganen (Regierung, Parlament, Gerichte) zugewiesen.
Die Gewaltenteilung hat erste Wurzeln in der griechischen Verfassung, die in der Antike in verschiedenen Varianten entwickelt wurde. In der Neuzeit wurde sie als grundlegendes Ordnungs- und Strukturprinzip erstmals von John Locke (1632 bis 1704) entwickelt. Charles de Montesquieu (1689 bis 1745) entwickelte in seinem Werk „De l’esprit des lois" (Vom Geist der Gesetze) die Gewaltenteilung als Prinzip des inneren Staatsaufbaus, wodurch jede – durch Einzelne oder Gruppen ausgeübte – Willkür vermieden werden sollte. Er vertrat allerdings noch die Idee einer einheitlichen Staatsgewalt. Sein Anliegen war es, dass die Regierung (in der Regel ein König) vom Parlament kontrolliert wird (konstitutionelle Monarchie). Montesquieu wandte sich mit seinen Ideen gegen den im 17. und 18. Jahrhundert üblichen absolutistischen Staat. Unter dem „Sonnenkönig" Ludwig XIV (1638 bis 1715) zeigte sich der Absolutismus (mit Gottesgnadentum, Polizeistaat, stehendem Heer und Staatswirtschaft) in seiner schärfsten Ausprägung. Abgelöst wurde diese Staatsform in Frankreich mit der Französischen Revolution (1789). In der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte wurde die Gewaltenteilung durch die Französische Revolution eingeführt. Schon früher wurde die Gewaltenteilung in den USA (Unabhängigkeitserklärung am 4. Juli 1776) bzw. in deren Verfassung (17. September 1787) festgeschrieben. Im Deutschen Reich wurde die Gewaltenteilung erst mit der Weimarer Verfassung von 1919 Realität.
Die Bedeutung der Gewaltenteilung wird immer dann augenfällig, wenn man politische Abläufe in diktatorischen Regimes beobachtet. Demokratie, demokratische Wahlen und das demokratische Mehrheitsprinzip allein garantieren noch nicht Freiheit, Gerechtigkeit und Verhinderung von Machtmissbrauch. So kann der Begriff Demokratie ohne Gewaltenteilung niemals dem entsprechen, was Demokratie bedeutet (Herrschaft des Volkes; alle Macht geht vom Volke aus).
Neben der klassisch unter Gewaltenteilung verstandenen „horizontalen" Gewaltenteilung (wenn also die verschiedenen Gewalten unterschiedlichen Organen) gibt es auch eine sogenannte „vertikale Gewaltenteilung". So teilen sich in Deutschland Kommunen, die 16 Länder und der Bund die Macht, die auf den einzelnen Ebenen (Bund, Land, Kommune) allerdings immer auch in „horizontaler" Gewaltenteilung anzutreffen ist. So kann der Föderalismus als ein weiterer Garant der Gewaltenteilung angesehen werden.
Anzumerken ist, dass Gewaltenteilung auch in Deutschland nicht in letzter Konsequenz umgesetzt werden konnte. So stehen dem Parlament (als Gesetzgeber) vereinzelt auch exekutive Rechte zu. Die Regierung (als vollziehende Gewalt oder Exekutive) nimmt mit Gesetzesvorlagen vielfach gesetzgebende Funktionen wahr. Die Gerichte, insbesondere das Bundesverfassungsgericht, nehmen durch entsprechende Urteile Einfluss auf Gesetzgebung und auf die Exekutive.

2) Konkretisierung im Grundgesetz (Artikel 20)
Die Grundlagen der freiheitlichen, repräsentativen, föderalen und sozialen Demokratie werden in Artikel 20 des Grundgesetzes festgelegt.
Absatz 1: „Die Bundesrepublik ist ein demokratischer (Staatsform) und sozialer Bundesstaat (Föderalismus).
Absatz 2: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen (repräsentative Demokratie) und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtssprechung (Gewaltenteilung) ausgeübt.

3) Die Rolle des Kanzlers in der Bundesrepublik Deutschland (u. a. Art 63 und 67 GG)
Aufgaben
: Der Bundeskanzler (Foto Gerhard Schröder) bildet das Bundeskabinett ( = die Regierung, bestehend aus Bund
eskanzler und Minister). Er schlägt die Minister dem Bundespräsidenten vor, der diese dann ernennt und auf Vorschlag des Kanzlers auch entlässt. Der Bundeskanzler ist Vorsitzender des Bundeskabinetts und leitet dessen Sitzungen. So ist er Regierungschef in Deutschland. Er bestimmt die Richtlinien der Politik (Richtlinienkompetenz) und trägt für diese die Verantwortung (Kanzlerprinzip). Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbstständig und in eigener Verantwortung (Ressortprinzip). Das Kabinett als Kollegium entscheidet über alle wichtigen und strittigen Fragen in der Regierung bzw. unter den Ministern und alle Angelegenheiten von allgemeinem innen- oder außenpolitischen, wirtschaftlichen, sozialen, finanziellem oder kulturellem Interesse (Kollegialprinzip).
Im Verteidigungsfall hat der Bundeskanzler die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte (ansonsten der Verteidigungsminister).
Kanzlerwahl (vgl. Art. 23 GG): Vor jeder Wahl stellen vor allem die großen Parteien Kanzlerkandidaten auf. In der Regel schlägt der Bundespräsident den Kanzlerkandidaten, der vermutlich die Mehrheit im Bundestag erreichen wird, zur Wahl durch den Bundestag vor. Der Kanzlerkandidat braucht im Bundestag die absolute Mehrheit. Wird diese nicht erreicht, so kann die Wahl innerhalb von 14 Tagen beliebig oft wiederholt werden. Kommt es in diesem Zeitraum zu keiner Wahl mit absoluter Mehrheit wird erneut abgestimmt, wobei dann die relative Mehrheit zur Wahl reicht. In diesem Fall kann der Bundespräsident allerdings innerhalb von sieben Tagen den Bundestag auflösen, wenn der den so gewählten Kanzler nicht ernennen will. (Anmerkung: Diese Situation trat bisher in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht ein. Schon Adenauer wurde erstmals allerdings nur mit einer – seiner – Stimme Mehrheit zum Bundeskanzler gewählt).
Amtszeit des Bundeskanzlers: Diese endet mit dem Zusammentritt des neuen Bundestags (spätestens nach 30 Tagen nach der Wahl) oder wenn das Parlament dem Kanzler das Misstrauen ausspricht und ihn durch die Wahl eines Nachfolgers mit der Mehrheit der Abgeordneten stürzt (konstruktives Misstrauensvotum).
In der Geschichte der Bundesrepublik gab es bisher zwei konstruktive Misstrauensvoten (1972 scheiterte die CDU/CSU mit ihrem Kandidaten Rainer Barzel, der Willy Brandt (Foto Mitte), SPD, ablösen wollte. 1982 wurde Helmut Kohl (Foto oben), CDU, mit Stimmen der damals mitregierenden FDP, in einem konstruktiven Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt (Foto unten) zum Kanzler gewählt.
Minister können nicht abgewählt werden (deshalb werden sie wohl häufig zum Rücktritt aufgefordert). Ihre Amtszeit endet mit der des Bundeskanzlers. Dieser kann – wie oben erwähnt – allerdings auch Minister entlassen.

4) Gesetzgebung und Kontrollmöglichkeiten des Parlaments
Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland ist gekennzeichnet durch das enge Verhältnis von Bundestag und Regierung. Durch die Gewaltenteilung, die auf Charles de Montesquieu (1689-1755) zurückgeht, und ein Spannungsverhältnis zwischen der Regierung und den oppositionellen Fraktionen ist eine ständige Kontrolle der Regierung gegeben. Erschwert wird die Kontrolle lediglich dadurch, dass die Exekutive (also die Regierung) gegenüber dem Parlament und der Opposition deutliche Vorteile hat.
Gesetzgebung allgemein: Im Grundgesetz ist im Artikel 77 das Gesetzgebungsverfahren festgelegt. Danach dürfen Gesetze nur vom Bundestag beschlossen werden. Die Gesetzesinitiative, also das Einbringen von Gesetzen, kann aber auch von der Regierung, dem Bundestag selbst oder vom Bundesrat, wahrgenommen werden. Gesetzesinitiativen sind meist schon im Regierungsprogramm bzw. der Koalitionsvereinbarung am Beginn einer Wahlperiode festgelegt worden.
Nach dem Eingang des Gesetzesentwurf folgen drei „Lesungen" (Beratungen) im Bundestag.
Die erste Lesung dient zur Aussprach über das Gesetz als Ganzes und erfolgt nach der Geschäftsordnung des Bundestags grundsätzlich im Plenum (Vollversammlung).
Danach wird der Gesetzesentwurf zur Überarbeitung an die Ausschüsse verwiesen, welche sehr intensiv beraten und meist zusätzlich Interessensverbände. sogenannte Lobbyisten, und Fachleute zur Beratung hinzuziehen.
In der zweiten Lesung im Bundestagsplenum wird über jede Bestimmung beraten und abgestimmt.
Die dritte Lesung behandelt den Gesetzesentwurf noch einmal als Ganzes.
Das weitere Verfahren richtet sich danach, ob es sich bei dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz um ein „Zustimmungsgesetz", welches die Zustimmung des Bundesrats (der Länderkammer) benötigt oder um ein „Einspruchsgesetz" handelt, bei welchem ein Einspruch des Bundesrats mit der Mehrheit des Bundestags zurückgewiesen werden kann.
Wenn ein Zustimmungsgesetz im Bundesrat keine Mehrheit findet, wird der „Vermittlungsausschuss" eingeschaltet, der je zur Hälfte aus Mitgliedern des Bundestags und des Bundesrats besteht. Dieser soll dann eine für den Bundesrat zustimmungsfähige Überarbeitung des Gesetzes vorlegen. Die Beurteilung, ob Gesetze zustimmungspflichtig oder „Einspruchsgesetze" sind, hängt davon ab, ob und inwieweit die Länder Konsequenzen aus den Gesetzen tragen müssen.
Das Gesetz tritt in Kraft, nachdem der Bundespräsident es unterzeichnet hat.

Kontrollmöglichkeiten des Parlaments und der Parlamentarier
Vorbemerkung:
Als Parlament wird die Volksvertretung bezeichnet, die aus einer oder zwei „Kammern" besteht. Die eine von ihnen wird vom Volk in freier, gleicher, geheimer, allgemeiner und unmittelbarer Wahl gewählt (in Deutschland der Bundestag), der Zugang zu der anderen ist unterschiedlich geregelt (mittelbare oder unmittelbare Wahl, Ernennung, Erblichkeit). In den Deutschland wird die zweite Kammer des Parlaments, der Bundesrat als Vertretung der Länder gewählt. Das Parlament ist in Verfassungsstaaten das Hauptorgan der Gesetzgebung. Somit muss bei den Kontrollmöglichkeiten des Parlaments auch die Bedeutung des Bundesrats bedacht werden. Der Bundesrat hat allerdings in Bezug auf die Regierung nur insofern Kontrollmöglichkeiten, als Gesetzesvorschläge der Regierung zunächst in den Bundesrat gelangen, der dann zu diesen Vorschlägen Stellung nimmt (vgl. Gesetzgebungsverfahren).
Bundestag als Kontrollinstanz: In unserer Parteiendemokratie, wie sie sich insbesondere im Bundestag und in den Landtagen niederschlägt, in der es Regierungs- und Oppositionsparteien gibt, hat sich die Situation entwickelt, dass nicht mehr der Bundestag als Ganzes, sondern vornehmlich die Oppositionsfraktionen die Regierung kontrollieren. Derzeit sind dies die CDU/CSU und die FDP. Die beiden PDS-Abgeordneten haben keinen Fraktionsstatus und sind deshalb in ihren Kontrollmöglichkeiten zusätzlich eingeschränkt (vgl. unten die 5-%-Marke!).
Es gibt folgende Kontrollmöglichkeiten:
- Große Anfragen: Diese müssen von mindestens 5 % der Abgeordneten schriftlich eingebracht werden. Große Anfragen werden nach der Antwort der Regierung vor dem Parlament in einer Debatte aufgegriffen.
- Kleine Anfragen: Wenn mindestens 5 % der Abgeordneten schriftlich Auskunft über ein bestimmtes Problem verlangen, müssen sie von der Regierung eine schriftliche Antwort erhalten.
- Mündliche Anfragen: Einzelne Abgeordnete stellen in den Fragestunden des Bundestags (in dessen Geschäftsordnung geregelt) ihre Fragen und bringen so die Regierung in Erklärungssituationen.
- Untersuchungsausschüsse (Art. 44 GG): Auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des Bundestags kann ein Untersuchungsausschuss einberufen werden. Oft wird in diesen Untersuchungsausschüssen allerdings der Wille zur Wahrheitsfindung von parteipolitischen Interessen überlagert.
- Aktuelle Stunden: Regierung und Fraktionen legen kurzfristig ihre Standpunkte zu aktuellen Fragestellungen dar.
- Budgetrecht (Art 110 GG): Der Bundestag beschließt den Bundeshaushalt (Budgetrecht). Diese Haushaltsdebatte wird als Gelegenheit zur „Generalabrechnung" mit der Regierungspolitik genutzt.- Konstruktives Misstrauensvotum (vgl. oben): Das konstruktive Misstrauensvotum besagt, dass der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger für den amtierenden Bundeskanzler wählen kann. So muss dann die bestehende Regierung zurücktreten.
- Wehrbeauftragter (Art. 45 b GG): Seit 1957 wird dieser oder diese für fünf Jahre gewählt. Der Wehrbeauftragte kontrolliert die Bundeswehr und prüft, ob die Grundrechte und demokratischen Grundprinzipien der Bundeswehr eingehalten werden. Der derzeitige Wehrbeauftragte ist Dr. Willfried Penner.
- Petitionsausschuss (Art. 45 c GG): Jeder Bundesbürger kann sich mit Bitten und Beschwerden über Fehlentscheidungen der Verwaltung an den Petitionsausschuss des Bundestags wenden.
Anmerkung: Sowohl der Wehrbeauftragte als auch der Petitionsausschuss sind eigentlich keine Instrumentarien zur Kontrolle der Regierung.

5) Aktualisierung: Untersuchungsausschuss „Wahlbetrug"
Der Ausschuss soll klären, was die Regierung vor der Bundestagswahl am 22. September 2002 über Steuerausfälle und Haushaltslöcher gewusst habe. Im Wahlkampf waren Steuer- und Abgabeerhöhungen ausgeschlossen worden.
Positionen der Parteien
CDU: Die Meinungen zum Untersuchungsausschuss sind gespalten. Die CDU Baden-Württembergs will mit CDU-Generalsekretär Volker Kauder und Ministerpräsident Erwin Teufel den Ausschuss zum Erfolg machen und der Regierung nachweisen, dass sie wider besseren Wissens im Wahlkampf zusätzliche Belastungen ausgeschlossen hat. Der Untersuchungsausschuss wird für die Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen zum Wahlkampfthema. So soll der hessische Ministerpräsident Roland Koch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel derart unter Druck gesetzt haben, dass er ihr – bei Nichtzustimmung zum Untersuchungsausschuss – die Verantwortung für eine mögliche Wahlniederlage in Hessen zuschreiben wollte. Auch der bayrische Ministerpräsident macht den Ausschuss zum Politikum. Er sagt an die Adresse von Bundeskanzler Gerhard Schröder, wenn Lügen dieses Ausmaßes schwarz auf weiß nachgewiesen würden, dann bleibe eigentlich nur noch der Rücktritt des Kanzlers.
Die SPD lehnt den Untersuchungsausschuss ab. Mit ausschlaggebend für die Einsetzung des Ausschusses war die Behauptung des früheren Bundestagsabgeordneten Oswald Metzger (Foto), B’90/Die Grünen, dass die Regierung, aber auch die Landesregierungen, schon vor dem Bundestagswahltermin über die drohende Finanznot Bescheid wussten. Er ist allerdings auch, der der CDU/CSU vorhält, dass sie in ihrem Wahlprogramm Versprechungen gegeben hätte, die den Bund ca. 60 Milliarden € kosten würden und somit eigentlich nicht finanzierbar seien. Der Untersuchungsausschuss will möglichst bald seine Arbeit beendete haben. Mittlerweile wurde aber festgelegt, dass sowohl Bundeskanzler Gerhard Schröder als auch Finanzminister Hans Eichel erst nach den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen am 2. Februar vor dem Untersuchungsausschuss aussagen müssen.

6) Chancen und Grenzen einer wirksamen Regierungskontrolle / Opposition
Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass sich das System der Gewaltenteilung, wie es im Grundgesetz in die Verfassungsrealität umgesetzt wurde, in den seither mehr als 53 Jahren seit der Verabschiedung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 bewährt hat. Die Gewaltenteilung und damit die gegenseitige Kontrolle funktioniert weitgehend.
Immer wieder wird allerdings diskutiert, ob die eigentlich dem Parlament (also dem Bundestag und dem Bundesrat) zugedachte Rolle der Regierungskontrolle, tatsächlich streng von den entsprechenden Organen wahrgenommen wird. Die Situation, dass die Regierung eben nur mit Unterstützung einer Regierungskoalition regieren kann, führt dazu, dass die Regierungskontrolle eigentlich weithin der Opposition zufällt. Der Bundesrat wird – wie die jüngsten Kontroversen gezeigt haben – ebenfalls zusehends zum parteipolitischen Instrument. Zudem haben wir im Bundesrat die Situation, dass die Mitglieder des Bundesrats, also Vertreter der Länderregierungen (und somit der Exekutive in der Ländern!) im Bund an der Gesetzgebung (und damit legislative Gewalt) mitwirken.

II Föderalismus und Zentralismus
1) Definition des Begriffes Föderalismus (Artikel 79, Abs. 3 GG)
Der Begriff kommt aus der lateinischen Sprache, wo „foedus" so viel wie „Bündnis, Staatsvertrag" bedeutet. Im föderalistischen Staat wird die Macht zwischen der zentralen Regierung (Bund) und kleineren regionalen Verwaltungseinheiten, wie etwa den Bundesländern (in Deutschland 16 Bundesländer) aufgeteilt. Art. 79, Abs. 3 GG erklärt das Bundesstaatsprinzip für Deutschland als unantastbar und unveränderlich. Der Gegensatz von Föderalismus wäre Zentralismus (so zum Beispiel Frankreich, Italien, Großbritannien; von 1933 bis 1945 war auch Deutschland ein zentralistischer Staat).
Einer Zentralregierung werden im Föderalismus bestimmte Machtbefugnisse zugewiesen, so zum Beispiel ist der Bund allein zuständig für die Außenpolitik und legt in der Innenpolitik den Rahmen fest. Die Länder haben ebenfalls bestimmte Machtbefugnisse, wie z. B. in der Bildungs- und Kulturpolitik. Sowohl der Bund als die Länder verfügen über Legislative, Exekutive und Judikative. Zudem erheben sowohl Bund als auch Länder eigene Steuern.
Föderalismus wird konkret in einem Bundesstaat (Beispiel Bundesrepublik Deutschland, USA, Schweiz, Österreich), wo die zentrale Verantwortung und Aufgabe beim Bund („Bundesrecht bricht Landesrecht") liegt oder in einem Staatenbund (wie z. B. Europa), wo die zentrale Verantwortung und Aufgabe bei den Ländern liegt (Landesrecht bricht Europarecht) und nur vereinbarte Teilgebiete in die Verantwortung der EU übertragen werden. Die Staaten im Staatenbund bleiben selbstständig.

2) Föderalismus konkret
Tatsächlich haben die Länder in Deutschland mittlerweile nur noch in der Kulturpolitik wirklich die souveräne Zuständigkeit (auch in der Gesetzgebung, die die Bildungs- und Kulturpolitik betrifft). Im Bereich der Verwaltung, die der Exekutive zugerechnet wird, haben sie allerdings deutlich das Übergewicht gegenüber dem Bund.
Die bundesstaatliche Struktur und damit einhergehend die Teilung der Macht zwischen Bund und Ländern wird häufig auch als „vertikale Gewaltenteilung" bezeichnet. Die horizontale Gewaltenteilung bedeutet dann die Trennung in Legislative, Exekutive und Judikative. Die Bundesländer koordinieren ihre Aufgabenfelder in zusätzlichen Instrumenten wie z. B. der „Ständigen Konferenz der Kultusminister", sodass wir von einem „kooperativen Föderalismus" sprechen können.
Diese Kooperation hat auch finanzielle Konsequenzen. Um die „Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse" in Deutschland zu wahren, wird der „Finanzausgleich" zwischen ärmeren und reicheren Ländern (was durch das unterschiedliche Steueraufkommen bedingt ist) durchgeführt. Dieser Länderfinanzausgleich muss – nach einer Klage der „Geberländer" Baden-Württemberg, Hessen und Bayern (auch Nordrhein-Westfalen und Hamburg sind Zahler, die anderen Länder Empfänger von Mitteln aus dem Länderfinanzausgleich, von denen das Land Berlin am meisten profitiert), bis zum Jahre 2005 neu geregelt werden.
Angesichts der Bildungsdiskussion im Gefolge der PISA-Studie wird derzeit eine Überarbeitung der föderalen Struktur in der Bundesrepublik diskutiert (s. u.).

3) Aufgaben und Zusammensetzung des Bundesrates (vgl. dazu GG Art. 50 bis 53a)
Aufgaben:
„Durch den Bundesrat", so heißt es wörtlich in Art. 50 GG, „wirken die Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union mit".
Der Bundesrat hat das Recht, Gesetzentwürfe einzubringen (Gesetzesinitiative). Er kann sogenannten „zustimmungspflichtigen Gesetzen" (alle die die bundesstaatliche Ordnung betreffen oder verfassungsändernd sich auswirken; in der Realität ca. 60 Prozent der Gesetze) zustimmen oder die Zustimmung verweigern. Gegen die übrigen Gesetze kann der Bundesrat Einspruch erheben, der allerdings vom Bundestag überstimmt werden kann. Er stimmt auswärtigen Verträgen und Verwaltungsvorschriften zu. Der Bundesrat wählt die Hälfte der Richter des Bundesverfassungsgerichts und kann – wie auch der Bundestag - den Bundespräsidenten „wegen vorsätzlicher Verletzung des Grundgesetzes" mit einer 2/3-Mehrheit vor dem Bundesverfassungsgericht anklagen (vgl. Art. 61, Abs. 1 GG).
Zusammensetzung: „Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie bestellen und abberufen" (Art. 51 GG, Abs. 1). In den Bundesrat gelangt man also nicht durch Wahl, sondern durch „Bestellung". Die Bundesratsmitglieder unterliegen den Weisungen ihres Landeskabinetts (ihrer Länderregierungen) und haben so ein „imperatives Mandat" (im Gegensatz dazu sind die Bundestagsabgeordneten nur ihrem Gewissen verpflichtet und haben so ein „freies Mandat").
Die Stimmenanzahl der Länder im Bundesrat hängt von der Bevölkerungszahl der jeweiligen Länder ab. Jedes Land hat mindestens drei Stimmen. Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohner haben vier, mit mehr als sechs Millionen Einwohner fünf Stimmen (nur Hessen) und mit mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen (Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg). Die sechs Vertreter Baden-Württembergs im Bundesrat sind: Ministerpräsident Erwin Teufel, der Stv. Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Dr. Walter Döring, Innenminister Thomas Schäuble, Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck, der Minister für Bundesangelegenheiten Rudolf Köberle und die Kultusministerin Dr. Annette Schavan. Die Stimmen eines Landes, so heißt es in Art 51, Abs. 3 GG, „können nur einheitlich und nur durch anwesende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden".

4) Aktuelle Diskussion (etwa am Beispiel der Bildungspolitik)
Im Zusammenhang mit den Ergebnissen der PISA-Studie wurden Forderungen seitens der Bundesregierung laut, das Bildungswesen stärker als bisher in Deutschland zu vereinheitlichen. Gegen solche Forderungen wehren sich allerdings insbesondere die Südländer massiv, weil sie erstens auf die Souveränität der Länder in der Bildungspolitik pochen und zweitens durch bundesweite Vereinheitlichung eine Verschlechterung des relativ guten Abschneidens (im internen Ländervergleich) befürchten.
Aktuell ist auch die Anregung, Bundesländer zusammen zu legen. So zuletzt von Wirtschaftsminister Walter Döring, FDP Baden-Württemberg, weil damit auch Geld gespart werden könne. So etwa sollten Berlin und Brandenburg zu einem Bundesland verschmolzen werden. Ein Volksentscheid, der für die Änderung der Grenzen eines Bundeslands oder bei Bildung eines neuen Landes im Grundgesetz (Art. 29, Abs. 3) vorgesehen ist, lehnte dieses Ansinnen ab. Die Zusammenlegung ist somit wenigstens vorläufig „auf Eis gelegt".

5) Föderalismus und europäische Einigung
Die Europäische Union hat ihr Aufgaben- und Funktionsspektrum im Laufe ihrer Entwicklung ausgedehnt und erhielt so zusehends in mehr Politikbereichen Mitverantwortung und Mitgestaltungsmöglichkeiten. Das Wirken der EU schränkt so den Gestaltungsspielraum der Länder (Kultur, Medien, Bildung, Umwelt, Forschung, Technologie, regionale Strukturpolitik) erheblich ein. Das geeinte Europa muss allerdings demokratischen, sozialen, föderativen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen. Durch die Bestimmungen des Grundgesetz-Artikels zur Europäischen Union (Art. 23), der erst im Dezember 1992 aufgenommen wurde, wird die Position der Länder und damit der föderativen Struktur in der Bundesrepublik gestärkt. So sitzen in verschiedenen EU-Gremien auch Ländervertreter (z. B. im Ausschuss der Regionen mit 222 Vertretern aus den Mitgliedsstaaten). Diese Vertretung soll den Ländern ermöglichen, direkt an den Verhandlungen der EU-Gremien mitzuwirken.

6) Würdigung (d. h. Vor- und Nachteile) des Föderalismus
Der Föderalismus in Deutschland hat sich bewährt. Trotz einiger Nachteile überwiegen die Vorteile des Systems. Als Nachteile werden u. a. genannt: hohe Kosten, kompliziertes System, föderale Struktur gefährdet die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse und kann so zu Benachteiligung bestimmter Regionen führen, politische Entscheidungsprozesse werden schwerfällig, durch die Vielzahl der Wahlen (bei 16 Bundesländern ist bei einer vierjährigen Legislaturperiode durchschnittlich vier Mal im Jahr Landeswahlkampf), dem immer auch bundespolitische Bedeutung zukommt und dadurch nicht selten politische Entscheidungen blockiert werden, weil sie eventuell nachteilige Auswirkungen für den Landtagswahlkampf haben könnten, die Staatstätigkeit ist unübersichtlich, weil auf verschiedenen Ebenen politische Entscheidungen getroffen werden. Durch die doch komplizierte Struktur ist die Gefahr einer zunehmenden Staats- und Politikverdrossenheit zu beachten. Schließlich wird immer wieder von Scheinföderalismus gesprochen, weil die Bundespolitik die Landespolitik beherrscht.
Auf der Vorteilsseite stehen: Was von manchen als Nachteil gesehen wird, kann auch als Vorteil verstanden werden: Staatliches Handeln wird für den Bürger wenigstens in Teilen verständlicher und überschaubarer, weil es ihm „näher" liegt. Etwa durch Landtagswahlen wird mehr politische Beteiligung ermöglicht. Die föderale Struktur bindet die staatlichen Organe stärker an die Menschen und die Landschaft, sodass Bedürfnisse leichter erkannt und politische Entscheidungen diesen angepasst werden können. Der Föderalismus schafft Wettbewerb zwischen den Bundesländern, eröffnet Möglichkeiten des begrenzten Experiments, was Fehlentwicklungen im Gesamtstaat verhindern kann. Der politische Wettbewerb der Parteien wird angeregt, wenn etwa eine Partei zwar im Bund in der Opposition sitzt, in den Ländern aber durchaus auch Regierungsverantwortung hat. Die Möglichkeit politischer Einflussnahme und Gestaltung ist größer als im Einheitsstaat. Bund und Länder sind in ihren jeweiligen Machtbefugnissen begrenzt, müssen aber zur Erfüllung staatlicher Aufgaben zusammenwirken und können sich so gegenseitig beeinflussen, kontrollieren und auch hemmen (vgl. „vertikale Gewaltenteilung" zwischen Bund und Ländern). Zudem sind auch im wirtschaftlichen Bereich effizientere Entwicklungen möglich. Die Unterschiede in Bezug auf die Ressourcen und die unterschiedlichen geographischen Ausgangsbedingungen (Standortfaktoren) verlangen eine differenzierte Wirtschaftspolitik.

III Medien als vierte Gewalt

1) Medien
Als Medien (aus dem Lateinischen medium = Mittel) werden die Mittel der Publizistik und Kommunikation bezeichnet (also u. a. Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Fernsehen, Internet...). Unter Medien werden auch die Organisationen von Presse, Film, Funk, Fernsehen oder Internet als Vermittlungseinrichtungen des öffentlichen und aktuellen Austausches von Wissen verstanden. Diese gelten zugleich als Massenmedien, da sie große Zahlen von potentiellen Medienkonsumenten erreichen.
Medienpolitik ist der Sektor der Politik, der die Ordnung und Kontrolle der Medien betrifft.
In freiheitlich verfassten Staaten kommt den Medien eine besondere Bedeutung zu, da sich dort die Bürger ständig darüber informieren, was in ihrem Land und in der Welt geschieht. Medien teilen dabei auch Meinungen, Zielvorstellungen und Argumente verschiedener Gruppen der Gesellschaft öffentlich mit.
Mediennutzung
2001 nutzten die Deutschen im Durchschnitt 7,5 Stunden täglich verschiedene Medien. Den größten Zuwachs mit derzeit ca. 30 Minuten täglicher Mediennutzung erzielte das Internet. Radio liegt mit 169 Minuten (fast 3 Stunden) noch vor dem Fernsehen, das durchschnittlich 153 Minuten täglich genutzt wird. Für das Lesen von Büchern wird die Zahl 32 Minuten täglich von „Time Budget" für 14-49-Jährige angegeben.
Die Deutsche Presseagentur dpa veröffentlichte im November 2002 etwas andere Angaben zum Medienkonsum.
Studie: Bei den Jüngeren nimmt der Medienkonsum weiter zu
Hamburg (dpa 29.11.2002) - Die jüngeren Bundesbürger verbringen immer mehr Zeit mit Medien. Insgesamt wendet jeder Deutsche zwischen 14 und 49 Jahren täglich acht Stunden für Medien auf. Das sind eineinhalb Stunden mehr als 1999, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Untersuchung des Münchner Werbezeitenvermarkters SevenOneMedia. Von diesem Budget entfällt der Löwenanteil auf das Fernsehen (160 Minuten, 2001: 153 Minuten) und das Begleitmedium Radio (174 Minuten, 2001: 169 Minuten). Das Internet wird danach im Durchschnitt 41 Minuten pro Tag genutzt und hat Tageszeitungen (23 Minuten, 2001: 24 Minuten), Zeitschriften (16 Minuten, 2001: 15 Minuten) und Bücher (35 Minuten, 2001: 32 Minuten) in der Nutzungsdauer nun deutlich hinter sich gelassen. Der Zuwachs um eineinhalb Stunden seit 1999 geht der Untersuchung zufolge zum einen auf das Konto von Fernsehen (plus 14 Minuten) und Radio (plus 29 Minuten) und ist zum anderen dem Internet zuzuschreiben, das 32 Minuten gewonnen hat. Das bedeute auch, dass die Internet-Nutzung nicht zu Lasten von anderen Medien geht. Fernsehen und Radio sind die Medien mit der höchsten Reichweite, heißt es weiter. 97 Prozent aller Bundesbürger zwischen 14 und 49 Jahren sind über das Fernsehen zu erreichen. Beim Radio sind es 96 Prozent.
Die Printmedien haben in den vergangenen Jahren nach der Studie an Reichweite verloren. Während 1999 noch 95 Prozent angaben, wenigstens selten eine Zeitung zu lesen, sind es heute nur noch 93 Prozent. Der große Gewinner ist das Internet. Die Zahl der Surfer in Deutschland hat sich laut Untersuchung verdreifacht: 1999 waren 8,2 Millionen Menschen zwischen 14 und 49 Jahren «drin», heute sind es 24,5 Millionen. Nach wie vor überwiege mit 71 Prozent der männliche Anteil bei den täglichen Internet-Nutzern.
Medienkonzerne
Mit einem Jahresumsatz von 16,5 Mrd € lag 2000 die Bertelsmann AG (mit den Privatsendern RTL, RTL II, Super RTL und Vox) an der Spitze der größten deutschen Medienunternehmen. Die mittlerweile weitgehend insolvente Kirch-Gruppe (zu der etwa die Sender SAT.1, Pro 7, Kabel 1 DSF und Premiere World gehörten) folgte mit einem Umsatz von 4,1 Mrd. € an Platz zwei vor der Gruner + Jahr AG und dem Axel Springer Verlag mit jeweils ca. 2,9 Mrd € Umsatz. Mehr als 2 Mrd € Umsatz machten noch die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck und ProSiebenSat. 1 Media AG. Knapp darunter lagen u. a. Hubert Burda Media, der Heinrich Bauer Verlag, das ZDF und RTL.
Global Players in der Medienlandschaft, die immer wieder auch im Zusammenhang mit der Übernahme von Teilen der Kirch-Gruppe gehandelt wurden, sind u. a. Rupert Murdoch, der ein wahres Medienimperium besitzt und Silvio Berlusconi mit dessen Firma Fininvest.

2) Grundrecht der Pressefreiheit Art. 5 GG
Die Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG gilt als Grundlage der Pressefreiheit. Demnach hat jede/r das Recht, sich seine eigene Meinung zu bilden, diese frei zu äußern und zu verbreiten. Hierbei darf niemand unter Druck gesetzt, mit Zwang bedroht oder daran gehindert werden, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren (Informationsfreiheit). Jedoch gibt es bei der Meinungsfreiheit auch Einschränkungen, welche sich aus den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, dem Jugendschutz und dem Recht der persönlichen Ehre ergeben.
Die Pressefreiheit wird sehr oft als Wesenselement des freiheitlichen
Staates bezeichnet. Speziell im politischen Bereich ist die Presse ein ständiges Verständigungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern. Sie erfüllt damit eine unentbehrliche Funktion für eine moderne Demokratie. Geschützt ist die gesamte Tätigkeit der Presse (von der Beschaffung der Nachrichten bis zu ihrer Verbreitung) soweit sie publizistischen Zielen dient.
Das Grundrecht der Pressefreiheit wirkt sich so aus, dass sich jeder Bürger am journalistischen Leben beteiligen und irgendwelche Artikel verfassen darf, sofern nicht irgendwelche Dinge einfach nur erfunden werden (-> Verleumdung). Der Staat kann also den Zugang zu Presseberufen nicht reglementieren und darf auch genauso wenig eine Sonderbesteuerung einführen.
Wichtig ist ebenfalls das Zeugnisverweigerungsrecht der Personenangehörigen. Dies wirkt sich so aus, dass der Verfasser eines bestimmten Artikels keinerlei Angaben zu seiner Informationsbeschaffung machen muss.
Wie auch bei der Meinungsfreiheit gilt dies alles allerdings auch nicht bedingungslos.
Da die Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG ja als Grundlage der Pressefreiheit gilt, gibt es auch für diese die
selben verfassungsrechtlichen Einschränkungen (allgemeine Gesetze, Jugendschutzbestimmungen, Recht der persönlichen Ehre) die in Art. 5 Abs.2 GG festgelegt sind.

3) Auf dem Weg zur Mediendemokratie
Mediendemokratie:
Durch die Berichterstattung der Medien haben die Bürger in nie gekanntem Maß die Möglichkeit, sich eine Meinung zu bilden und in die politischen Geschehnisse einzugreifen. Die Medien nehmen wiederum durch Form und Inhalt der Berichterstattung Einfluss auf die Bürger.
Die Medien erhalten einen großen Einfluss auf die öffentliche Meinung und sind so eine „4. Macht", die auf vielfältige Weise die Politik kontrollieren kann (z.B. sind Umfrageergebnisse für Politiker von großer Wichtigkeit).
Im Gegenzug werden die Medien, vor allem das Fernsehen, von den Politikern zur Selbstdarstellung benutzt. Nicht wenige behaupten, dass wir längst in der Mediendemokratie angekommen sind.
Das bedeutet, dass die Medien Bürger und Politiker kontrollieren/ beeinflussen/ manipulieren können. Doch wer kontrolliert die Medien?
Nachrichtenübertragung: Die einzelnen Nachrichten (etwa in Radio und Fernsehen) dürfen höchstens 1,5 Minuten lang sein, da der Durchschnittszuschauer oder -hörer einem längeren Bericht nicht folgen will. Wichtige Themen werden deshalb in den Nachrichten nicht komplex behandelt, sondern der Zuschauer erhält nur Detailinformationen, aus denen er sich kein Gesamtbild zu einer Sache machen kann.
Es werden heutzutage vor allem in den Satellitenprogrammen unwichtige Themen so dargestellt, als wären sie besonders wichtig, dabei haben sie oftmals nur einen „Unterhaltungswert". Das für den Zuschauer Irreführende ist in diesem Fall oft, dass diese Nachrichtensendungen mit dem Anschein der Wichtigkeit seriöser Sendungen dargestellt werden.
Mit der Auswahl der Nachrichtenthemen und ihrer Anordnung in der Sendung/Zeitung gewichtet der Sender/die Zeitungsredaktion bereits die Information.

4)Medien als vierte Gewalt
Medien werden häufig neben Exekutive, Legislative und Judikative als „vierte Gewalt" bezeichnet. Diese Einschätzung kommt daher, dass sie die öffentliche Meinung beeinflussen und gestalten und letztlich eine bedeutende Überwachungsfunktion wahrnehmen.
Moderne Demokratien werden als „Mediendemokratien" bezeichnet (s. o.). Mediendemokratie bedeutet, dass nicht nur die Politik wesentlich durch mediale Einflüsse bestimmt wird, sondern auch Politik durch die Medien „gemacht" wird (Medienmanagement), aber eben auch Politik und Wirtschaft durch Medien kontrolliert werden (investigativer Journalismus, also Enthüllungsjournalismus). Vermutlich haben Politiker vor Medien mehr Respekt als vor den verfassungsmäßigen Kontrollorganen, die die Gewaltenteilung vorsieht.
Deutlich wurde diese Tendenz zuletzt bei den Kanzlerduellen im Vorfeld der Bundestagswahlen, die – nach amerikanischem Vorbild – erstmals auch in Deutschland fernsehmedial übertragen wurden. Durch die Pressefreiheit garantiert werden in den unterschiedlichen Medienorganen Themen unterschiedlich dargestellt und von verschiedenen Seiten beleuchtet. Zahlreiche wirkliche Politikskandale wurden erst durch die Medien aufgedeckt oder zumindest deren Aufdeckung vorangetrieben. Die Macht der Medien und die Bedeutung Informationsfreiheit wird deutlich, wenn man deren Beschränkungen in Diktaturen betrachtet (Beispiel Volksempfänger im Dritten Reich und damit einhergehend Verbot des Hörens von „Feindsendern").
Die Macht, die Medien inne haben, fordert allerdings auch Verantwortung. Immer wieder werden Menschen durch Veröffentlichungen in den Medien in ihrem Ansehen beschädigt.
Medien sind auf Konsumenten ausgerichtet und damit dem Markt unterworfen. Damit geht einher, dass Medien zusehends mehr Sensationen (auch Nebensächlichkeiten) in den Mittelpunkt ihrer Berichterstattung stellen und Programme und Inhalte zurückstellen (vgl. Kanzlers Haare und Merkels Frisur).

5) Gefährliche Macht der Medien?
Elemente des Gefahrenpotentials, dessen sich Medien bewusst sein müssen, wurden schon oben ausgeführt. An Beispielen soll dieses nochmals erläutert werden.
So besteht die Gefahr, dass Medien auch sehr zielgerichtet genutzt, wenn nicht ausgenutzt werden. Signifikant wird dies angesichts der Tatsache, dass etwa der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi Besitzer eines Medienimperiums ist und offensichtlich diese Situation auch für seinen Wahlkampf nutzte.
Allein die Tatsache, dass Bedeutung mit Präsenz in den Medien einhergeht, birgt eine problematische Situation. Medien bestimmen also nicht nur Themen, sondern transportieren auch Bedeutsamkeit von Menschen und von Politikern. So ist mittlerweile selbstverständlich, dass Politiker Medienberater haben, die ihnen helfen sollen, sich ins rechte Licht zu rücken. Allgemein wird der derzeitige Bundeskanzler als die Medien besser nutzende Persönlichkeit angesehen als dessen jeweilige Herausforderer.
Auf das Gefahrenpotential, das Medien im sogenannten „Unterhaltungsbereich" (Beispiel: Fernsehen, Spielfilme, Kino, Internet, PC-Spiele usw.) aufweisen, kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Gewalt, so der Tenor aller seitherigen Untersuchungen, wird durch die Medien (etwa Gewaltvideos oder entsprechende Computerspiele) nicht monokausal (als einziger Grund) hervorgerufen. Medien können allerdings latente, also grundsätzlich vorhandene, Gewaltbereitschaft bei Menschen mit entsprechender Disposition durchaus freisetzen und haben so gewiss auch Verantwortung für unsägliche Gewaltausbrüche (vgl. die Diskussion um den Erfurter Amokschützen).

IV Gesetzgebungsverfahren

1) Erläuterung des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. dazu auch Art 76 bis 82 GG)
Die Gesetzesinitiative
Wie entsteht ein Gesetzentwurf?
Gesetzentwürfe können viele Ursprünge haben. Zu nennen sind verschiedenste Impulse, als da wären zum einen das Regierungsprogramm zu Beginn der Wahlperiode, sich rasch verändernde Sachverhalte (z.B. politische Umwälzungen, wie die Wiedervereinigung oder umzusetzende EU - Richtlinien), aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung resultierende Neuregelungen (z.B. durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts), Gesetzesanliegen kommunaler Spitzenverbände oder auch Themen, die durch öffentliche Diskussion und die Massenmedien zunehmend problematisch oder regelungsbedürftig erscheinen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Gesetzentwürfe der Bundesregierung sind zunächst dem Bundesrat zur Stellungnahme zuzuleiten. Man nennt diesen Verfahrensabschnitt „den ersten Durchgang im Bundesrat"; dies ist nur bei Regierungsentwürfen notwendig. Der Bundesrat hat im allgemeinen die Möglichkeit, innerhalb von 6 Wochen zu dem Regierungsentwurf Stellung zu nehmen. Bei umfangreichen Gesetzentwürfen kann der Bundesrat jedoch aus wichtigem Grunde auch eine Fristverlängerung auf 9 Wochen beantragen. Dagegen müssen Gesetzentwürfe, die von der Bundesregierung als besonders eilbedürftig bezeichnet worden sind, innerhalb von 3 Wochen bearbeitet werden. Die Bundesregierung kann eine Stellungnahme, Gegenäußerung genannt, zur evtl. Stellungnahme des Bundesrates formulieren. Daraufhin bringt die Bundesregierung den Gesetzentwurf (samt Begründung, Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerungen) in den Bundestag ein.
Gesetzentwurf des Bundestages
Ein Gesetzentwurf aus der Mitte des Bundestages (=Initiativantrag) wird direkt in den Bundestag eingebracht. Es ist die einzige Möglichkeit für die Opposition, Gesetzentwürfe im Bundestag einzubringen (es sei denn, die Opposition ist mit der Mehrheit im Bundesrat politisch identisch).
Zu den Gesetzentwürfen aus der Mitte des Bundestages zählen auch die sog. verkappten Regierungsentwürfe. Dabei werden Gesetzentwürfe, z.B. wegen ihrer Eilbedürftigkeit, nicht von der Bundesregierung, sondern von den Mehrheitsfraktionen als Entwurf aus der Mitte des Bundestages eingebracht. So erspart man sich den ersten Durchgang im Bundesrat, was aber eigentlich nicht im Sinne unserer Demokratie ist, da so die Rechte des Bundesrates beschnitten werden.
Gesetzentwurf des Bundesrates
Die einzelnen im Bundesrat vertretenen Länder allein können keinen Gesetzentwurf einbringen, dies kann nur der Bundesrat im ganzen. D.h., der Gesetzentwurf eines Landes wird nur zum Gesetzentwurf des Bundesrates, wenn sich alle anderen Länder diesem anschließen. Ein Gesetzentwurf des Bundesrates wird der Bundesregierung zur Stellungnahme überwiesen. Die Bundesregierung leitet diesen dann dem Bundestag zu. Für dieses Verfahren ist ein Zeitraum von 6 Wochen vorgesehen.
Beratung und Beschlussfassung
1. Lesung im Bundestag
Die erste Beratung im Plenum des Deutschen Bundestages dient vor allem der Darstellung der unterschiedlichen politischen Positionen und somit auch der Information der Öffentlichkeit durch Presse und Medien.
Die erste Lesung endet allgemein mit der Überweisung des Gesetzentwurfs an einen Bundestagsausschuss, dessen Sitzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. (In seltenen Fällen oder bei unumstrittenen Entwürfen kann jedoch auf Antrag von 5 v. H. der Abgeordneten oder einer Fraktion mit 2/3 Mehrheit des Bundestages beschlossen werden, ohne Ausschussüberweisung zur zweiten Lesung überzugehen)
Die Ablehnung eines Gesetzentwurfs in der ersten Lesung ist nicht möglich.
2. Lesung im Bundestag
Die zweite Lesung beginnt frühestens zwei Tage nach Verteilung des Ausschussberichtes und der damit einhergehenden Beschlussempfehlung. Die zweite Lesung dient dazu, über evtl. im Ausschuss beschlossene Änderungsvorschläge, Änderungsvorschläge von Fraktionen und (wichtig) Änderungsvorschläge einzelner Abgeordneter abzustimmen. In der zweiten Lesung kann ein Gesetzentwurf schon endgültig abgelehnt werden, sofern direkt zur Schlussabstimmung übergegangen wird und er dort nicht die erforderliche Mehrheit findet.
3. Lesung im Bundestag
Die dritte Lesung findet direkt im Anschluss an die zweite Lesung statt, sofern keine Änderungsvorschläge angenommen wurden. Die dritte Lesung dient vor allem dazu, die beabsichtigte Stimmabgabe der Parteien vor der Schlussabstimmung zu begründen.
Schlussabstimmung
Nach dem Ende der dritten Beratung (manchmal auch zweiten Beratung) erfolgt die Schlussabstimmung im Bundestag. Wird der Gesetzentwurf angenommen, wird er direkt durch den Präsidenten des Bundestages an den Bundesrat weitergeleitet (® siehe Art. 77 Abs.1 GG). Andernfalls ist das Gesetzesvorhaben bereits gescheitert.
Die Beratungen im Bundesrat
Zustimmungsgesetz
(Gesetze, die z. B. die Finanzen der Länder beeinflussen oder die Verfassung, also das Grundgesetz ändern)
Handelt es sich bei dem soeben beschlossenen Gesetz um ein Zustimmungsgesetz, so kann dieses nur mit der Zustimmung des Bundesrates endgültig verabschiedet werden. Im Klartext: Stimmt der Bundesrat dem Gesetz nicht zu, ist es unwiderruflich gescheitert! Ansonsten kommt es zur Ausfertigung und Verkündung eines Gesetzes.
Gegen alle so genannten einfachen Gesetzen kann der Bundesrat dagegen nur Einspruch einlegen
( siehe Art. 77 Abs.3 GG).
Stimmt der Bundesrat einem Gesetz nicht zu, d.h. hat er Einwände, Änderungswünsche oder verweigert er seine Zustimmung, dann wird der Vermittlungsausschuss angerufen.
Der Vermittlungsausschuss
Der Vermittlungsausschuss ist ein zu gleichen Teilen von Mitgliedern des Bundestages und Bundesrates besetztes Gremium. Insgesamt umfasst der Vermittlungsausschuss 32 Mitglieder, wobei jedes Bundesland durch mindestens ein Mitglied vertreten ist. Die Sitzungen des Vermittlungsausschusses sind streng vertraulich und nicht öffentlich. Somit wird gewährleistet, dass im Vermittlungsausschuss einigungsfähige Kompromisse erzielt werden können, die nicht unter dem Druck der politischen Parteien oder der jeweiligen Länder stehen. Die eventuell im Vermittlungsausschuss ausgearbeiteten Änderungsvorschläge werden zusammen mit der Beschlussempfehlung wieder dem Bundesrat vorgelegt, welcher darüber nun zu entscheiden hat (bei endgültiger Ablehnung ist das Gesetz gescheitert!). Die Beschlussempfehlung kann lauten, das Gesetz unverändert anzunehmen, es in geänderter Form anzunehmen oder auch es ganz abzulehnen.
Ausfertigung und Verkündung
Ist ein Gesetz verabschiedet, so wird es durch den Bundespräsidenten ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet. Die Ausfertigung beinhaltet die Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler und die Minister der beteiligten Ministerien. 14 Tage nach der Verkündung tritt das Gesetz in Kraft.
(vgl. Art. 76 – 82 GG / „Politik im Wandel" S. 142 f. ); Sarah Priller 12B / Studienkolleg Obermarchtal

2) Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit
(Beurteilung, Berücksichtigung u. a. folgender Faktoren: Bedeutung der Exekutive in der Gesetzgebung, Vermittlungsausschuss, Koalitionsabsprachen, Fraktionsdisziplin, Rolle der Verbände)
Eine konsequente Gewaltenteilung oder –trennung lässt sich in der Realität der politischen Abläufe nicht immer umsetzen. Die „Väter" des Grundgesetzes waren sich wohl dessen bewusst und haben im Grundgesetz schon Möglichkeiten vorgesehen, die wenigstens ansatzhaft eine strenge Trennung der Gewalten überwinden.
Artikel 80 GG sieht vor, dass „durch Gesetz die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden können, Rechtsverordnungen zu erlassen." Wenngleich Rechtsverordnungen sich im Rahmen des jeweiligen Gesetzes bewegen müssen, können diese doch weitreichende Konsequenzen in Bezug auf Ausgestaltung bzw. Interpretation des vorgeschalteten Gesetzes haben und somit wenigstens eine „Teil-Legislative" bedeuten.
Nachdem auch ein Großteil der Gesetze von der Bundesregierung initiiert werden, lässt sich die strenge Trennung zwischen Exekutive und Legislative nicht immer halten.
Der Bundesrat wird häufig nicht als Interessensvertretung der Länder verstanden, sondern als parteipolitisch instrumentalisiertes Organ, um von der Opposition nicht gewünschte Gesetze zu blockieren.
Schließlich nimmt das Bundesverfassungsgericht zusehends eine Rolle ein, die eigentlich der Legislative vorbehalten ist. Das BVG muss oftmals in seinen Urteilen Rahmenvorgaben erlassen, die fast schon Gesetzescharakter haben (auch hier Konflikt zwischen Judikative und Legislative).
Bedeutung der Exekutive in der Gesetzgebung
Formal gilt, dass die Legislative von der Exekutive und der Judikative streng getrennt ist.
In der Realität ist allerdings die Bundesregierung in das Gesetzgebungsverfahren und die inhaltliche Gestaltung der Gesetze wesentlich eingebunden. Die Regierung hat ja auch das Recht, Gesetze einzubringen, die dann allerdings zunächst im Bundesrat beraten werden (s. o). Der größte Teil der Gesetze werden in Deutschland tatsächlich von der Bundesregierung vorbereitet und dann dem Bundestag zugeleitet. Selbst wenn die Entscheidung über das Gesetz dem Bundestag vorbehalten ist, wird schon allein durch die Initiative wesentlich Einfluss auf die Gesetzgebung genommen. So wird allgemein von einer Schwächung der Legislative und Stärkung der Exekutive gesprochen.
Fraktionsdisziplin
In Artikel 38 des Grundgesetzes wird festgehalten, dass die Abgeordneten „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen" sind.
Üblicherweise fallen allerdings Abstimmungen im Bundestag fraktionseinheitlich aus, d. h. dass die Abgeordneten sich der sogenannten „Fraktionsdisziplin" unterwerfen. Gerade bei knappen Mehrheitsverhältnissen kommt es darauf an, dass die Abgeordneten der jeweiligen Fraktionen verlässlich abstimmen. Derzeit sind bei insgesamt 603 Abgeordneten im Bundestag 306 Abgeordnete der SPD und B’90/Die Grünen zugehörig (siehe Grafik). Eine einheitliche Stimmabgabe wird in der Regel schon in den Fraktionssitzungen geregelt bzw. vorberaten. Wiederholt kommt es auch vor, dass die Fraktionsdisziplin ausdrücklich aufgehoben wird, wenn etwa eindeutig Gewissensentscheidungen getroffen werden (so z. B. bei der Frage des Imports von embryonalen Stammzellen). Der in der Öffentlichkeit gängige Begriff des Fraktionszwangs ist als rechtlich unzulässiges Druckmittel möglichst zu vermeiden. Abgeordnete, die sich im Meinungsstreit, den es selbstverständlich auch innerhalb der Fraktionen gibt, werden gewiss hin und wieder auch „zähneknirschend" sich der Fraktionsdisziplin unterwerfen. Im Grund aber hat sich in der Realität die Balance zwischen politischer Verantwortlichkeit und „Vernunft" und eigener Gewissensentscheidung bewährt.

3) Der lange Weg zur Gesetzgebung in der Realität der politischen Arbeit
(Einflussfaktoren wie Interessensgruppen, Lobbyisten...., Normenkontrollverfahren....)
Gesetzgebungsverfahren sind nie frei von Einflüssen jeweils betroffener Interessengruppen. Diese können u. a. Behörden, Verbände, die Steuerzahler, die Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Industrie oder auch bestimmte Minderheiten sein, die durch das jeweilige Gesetz betroffen sind.
Einfluss auf die Gesetzgebung kann etwa durch sogenannte „Lobbyisten", also professionelle Repräsentanten verschiedener Interessengruppen sein, die etwa durch Verfassung von Positionspapieren oder durch direkte Gespräche oder durch Einflussnahme auf die öffentliche Meinung auf die Gesetzgebung Einfluss nehmen. Im Gesetzgebungsverfahren ist eigens auch die Anhörung (als „Hearing" gar eine öffentliche Anhörung in einer aktuellen Gesetzesdebatte im Bundestag) vorgesehen.
Im erst im Jahre 2003 wirksam gewordenen Gesetz des „Dosenpfands" wurden u. a. Aluminiumhersteller, Getränkehersteller und der Einzelhandelsverband in die Beratungen im Vorfeld mit eingebunden.
Selbst wenn Gesetze dann den eigentlichen Weg durchlaufen haben, sind diese nicht immer schon wirklich Gesetz. So durchlief vor kurzem das Zuwanderungsgesetz alle Instanzen, bis hin zur Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten. Eine Klage von Günther Beckstein, CSU, Innenminister von Bayern und dem saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller vor dem Bundesverfassungsgericht, brachte das Gesetz dennoch zum (vorläufigen) Scheitern. In der entscheidenden Bundesratssitzung hatte der damalige Bundesratspräsident und regierender Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit die uneinheitliche Stimmabgabe des damaligen Ministerpräsidenten von Brandenburg Manfred Stolpe, SPD, der dem Gesetzesentwurf zustimmte und seines Stellvertreters Jörg Schönbohm, CDU, der mit „Nein" votierte, als „Ja" gewertet. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschied allerdings, dass die Stimme nicht einheitlich abgegeben wurde (vgl. Art 78 GG) und damit das Verfahren nicht gültig war. Das Gesetz muss nun erneut – eventuell mit Veränderungen – das Procedere des Gesetzgebungsverfahrens durchlaufen. Die Klage wurde in einem sogenannten „Normenkontrollverfahren" geprüft, d. h. dass das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsgemäßheit des Gesetzes (in diesem Falle des Verfahrens) feststellen musste. Das Bundesverfassungsgericht ist auch für Verfassungsstreitfragen oder für Verfassungsbeschwerden, die jeder Bürger einreichen kann, zuständig.

4) Europäisierung der Gesetzgebung
Mit dem Bedeutungszuwachs der Europäischen Union geht einher, das viele Gesetz europäisch abgestimmt werden müssen. Dadurch verkompliziert sich das Gesetzgebungsverfahren zusätzlich. Insbesondere im Bereich der Agrarwirtschaft hat die EU schon sehr großen Einfluss gewonnen. Der Einfluss der Europäischen Union zeigt sich auch dergestalt, dass etwa Steuern zusehends angepasst werden sollen und dass – etwa im Bereich Umweltpolitik und Verbraucherschutz – unterschiedlich Maßstäbe gelten. Diese bringen nicht selten auch einen Wettbewerbsnachteil mit sich (vgl. Obstanbau).

5) Gesetzgebung in der Europäischen Union
Das Vorschlagsrecht für Gesetze liegt exklusiv bei der Europäischen Kommission (die allerdings die Exekutive der EU darstellt). Das Europäische Parlament hat Mitentscheidungsrecht oder arbeitet bei der Gesetzgebung mit dem Europäischen Rat (den 15 Staats- und Regierungschefs der EU) zusammen.
Ein von der Europäischen Kommission vorgelegtes Gesetz wird in erster Lesung im Europäischen Parlament (EP) beraten. Dessen Stellungnahme wird von der Europäischen Kommission überarbeitet und dem Rat der Europäischen Union (= Europäischer Ministerrat, also die Fachminister der Mitgliedsstaaten der EU) vorgelegt. Dieser beschließt einen „Gemeinsamen Standpunkt". Hat das EP Mitentscheidungsrecht, kann dieses in zweiter Lesung den Gemeinsamen Standpunkt billigen, ändern oder seine Ablehnung ankündigen. Der Europäische Rat verfährt in zweiter Lesung so, dass er entweder das Gesetz endgültig beschließt oder die Änderungen des EP nicht billigt und in den „Vermittlungsausschuss" verweist. Dessen Entwurf wird dann in dritter Lesung als „gemeinsamer Entwurf" vom Europäischen Parlament und Europäischen Rat entweder beschlossen oder – wenn ein Gremium den Vorschlag ablehnt – insgesamt abgelehnt, wodurch der Rechtsakt gescheitert ist.
Wenn das Europäische Parlament nur zur Zusammenarbeit ermächtigt ist, kann der Gemeinsame Standpunkt – trotz eventueller Ablehnung oder Änderung des EP – das Gesetz beschließen.
Das Verfahren der Gesetzgebung in der EU ist also noch deutlich umfassender als in der Bundesrepublik. Zudem sind die Gewalten nicht streng voneinander getrennt. Das Europäische Parlament, das vom Volk gewählte Gremium mit 626 Abgeordneten, hat letztlich keine beschließende Funktion in der Gesetzgebung und somit nicht wirklich die Legislative zu vertreten. Den größten Machtanteil hat wohl die Europäische Kommission. Immer wieder wird deshalb von einem „Demokratiedefizit" in der Europäischen Union gesprochen.

 

Quellen:
Schulbuch Politik im Wandel, Die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland
Internet, Grundgesetz, Lexika
Die Zusammenstellung ist das Ergebnis von Gruppenarbeiten der Schülerinnen und Schüler des Studienkollegs Obermarchtal (Klasse 12, Schuljahr 2002/2003) und Ergänzungen durch den Fachlehrer

Stand: Januar 2003