Ein Streifzug durch die Geschichte der sozialen Frage

Stichworte: industrielle Revolution, Proletariat, Pauperismus, Kulturkampf, Sozialismus, Wirtschaftsliberalismus, Hilfe ex caritate, katholische Soziallehre als "dritter Weg", Enzykliken, Prinzipien der katholischen Soziallehre, 

Die industrielle Revolution wird markiert durch technische Erfindungen wie die Dampfmaschine von James Watt im Jahre 1765 oder der mechanische Webstuhl von einem gewissen Edmund Cartwright, einem britischen Pfarrer und Domherr, anno 1784. Die Dampfmaschine revolutionierte die Möglichkeiten der Energiegewinnung und Energieanwendung, wie dies etwa die Eisenbahn (1830 erste Eisenbahn von Liverpool nach Manchester) oder der Bau des ersten brauchbaren Dampfschiffs mit dem Namen „Clermont“ von Robert Fulton, einem amerikanischen Ingenieur, im Jahre 1807 zeigt. In der Folge entstanden in großem Maße industrielle Produktionsformen (Fabriken), die zunächst eine Zunahme von Arbeitsmöglichkeiten versprachen. Die Form der Lohnarbeit mit ihrer Abhängigkeit vom Unternehmer bedeutete allerdings eine totale Um- und Neugestaltung der Arbeitswelt. In Verbindung mit dem rasch ansteigenden Bevölkerungswachstum und sozialen Veränderungen, wie etwa der Aufhebung bäuerlicher Leibeigenschaft[1]  und der Aufgabe des städtischen Zunftwesens[2] wurden neue Gewerbeordnungen eingeführt. Nun wurde die menschliche Arbeit zu einer Ware, die den Marktmechanismen von Angebot und Nachfrage unterlag. Es entstand durch die Zunahme der Bevölkerung, die nach Arbeit suchte, ein Überangebot an Arbeitskräften. Die tägliche Arbeitszeit wurde in dieser Zeit bis zu 18 Stunden verlängert, Frauen- und Kinderarbeit wurden ausgedehnt. Die Fabrikherren entschieden nach Gutdünken über die Höhe der Löhne, die schließlich gar unter das Existenzminimum gedrückt wurden. Einziges Kriterium für den wirtschaftlichen Erfolg war in dieser Zeit die Rendite des eingesetzten Kapitals. Die vorherrschende Wirtschaftsordnung war die des sogenannten Wirtschaftsliberalismus[3].
Die Folge war eine Zwei-Klassen-Gesellschaft von besitzendem Bürgertum (eine insgesamt kleine Gruppe bürgerlicher und adeliger Eigentümer von Fabriken) auf der einen Seite und sozial entwurzeltem, politisch weitgehend rechtlosem und unselbständigem Proletariat[4], also Lohnarbeiterinnen und –arbeitern auf der anderen Seite. Diese große Bevölkerungsgruppe unterlag der Existenzunsicherheit, der wirtschaftlichen Abhängigkeit und politischen Rechtlosigkeit.

Unter Wirtschaftsliberalismus versteht man eine Wirtschaftsordnung, die im Wesentlichen von Adam Smith (1723 - 1790) begründet wurde. 1776 veröffentlichte er sein Werk "An Inquiry into the Nature and the Causes of the Wealth of Nations". Er trat für Konkurrenz, freies Unternehmertum, Freihandel und internationale Arbeitsteilung ein und vertraute auf die Selbstregulierung des Marktes. Neben dem Markt, der nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage funktioniert, war für Smith das Privateigentum grundlegendes Element des Wirtschaftsliberalismus. Die Selbstregulierung des Marktes, die, dadurch dass sowohl Produzenten als auch Konsumenten jeweils den eigenen Vorteil anstreben, letztlich zum Wohl aller führen sollte, bezeichnete Smith mit dem Begriff der „unsichtbaren Hand“. Smith war überzeugt davon, dass so letztlich gar die Armut in der Welt beseitigt werden könnte. Der Staat sollte dabei nur "Nachtwächterstaat" sein, d.h. er sollte die Gesellschaft vor Angriffen äußerer Feinde schützen und im Innern Recht und Ordnung gewährleisten. Eingriffe in die Wirtschaft, also Wirtschafts- und Sozialpolitik, sollte der Staat nicht betreiben, sondern vielmehr nach dem "Laissez-faire-Prinzip" der Wirtschaft freie Hand lassen. Der Wirtschaftsliberalismus richtete sich gegen den Merkantilismus des 18. Jahrhunderts. Da England stärkste Industriemacht war und keine Konkurrenz zu fürchten hatte, setzte er sich vor allem in England durch. In seiner konsequentesten Form wird der Liberalismus auch als Manchestertum oder Manchesterliberalismus bezeichnet, der für schrankenlosen Freihandel (also ohne jegliche Schutzzölle oder Subventionen) eintrat und jegliche wirtschats- und sozialpolitische Eingriffe des Staates ablehnte.
Kennzeichen des Wirtschaftsliberalismus sind:
- Das Individuum hat unbeschränktes Verfügungsrecht über das Eigentum, weil dieses zur vollen Entfaltung des Menschen gehöre.
- Freihandel (ohne Zollbeschränkungen und staatliche Einflüsse) und Gewerbefreiheit sind grundlegend.
- Arbeitsteilung ist Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum, weil nur dadurch höhere Produktivität zu erzielen ist. David Ricardo entwickelte nach Adam Smith die Theorie der komparativen Wettbewerbsvorteile. Diese Theorie besagt, dass durch Spezialisierung eine bessere Güterversorgung - auch im zwischenstaatlichen Vergleich - erzielt werden kann, als wenn jeder Mensch bzw. auch jedes Land alle Güter selbst herstellen würde. Mit dieser Theorie wurde die internationale Arbeitsteilung begründet.
- Die Höhe des Lohnes bestimmt allein der Markt, auf dem Angebot und Nachfrage zusammen treffen. Die Arbeit und die Bedürfnisse des Menschen sind dabei nicht zu berücksichtigen.
- Die Arbeit ist ein marktorientierter Produktionsfaktor wie Boden und Kapital. Die Priorität hat dabei das Kapital, das den Wohlstand und das Glück des Individuums schafft und gewährleistet. 
- Die Geschichte wird durch eine "natürliche" Ordnung der Gesellschaft und Wirtschaft bestimmt, wobei es durchaus Reiche und Arme gibt. Die Gesetze der Wirtschaft, so die Liberalisten, sind nicht Menschenwerk, sondern ergeben sich aus der Natur der Dinge wie die Gesetze der physischen Welt, in der der "Kampf aller gegen alle herrscht" und das Gesetz des Stärkeren gilt. 
(Anmerkung: Der Wirtschaftsliberalismus wird zuweilen auch in Anlehnung an die Theorie von Charles Darwin über die Evolution als "Sozialdarwinismus" bezeichnet.)
- Die soziale Frage kann nur durch Selbsthilfe der Betroffenen und durch eine Verbesserung des Bildungswesens gelöst werden.
Heute spricht man häufig von einem Neoliberalismus, der – nach dem Zusammenbruch des zentralverwaltungswirtschaftlich organisierten Kommunismus sowjetischer Prägung – im Zuge der Globalisierung bestimmende Wirtschaftsordnung ist. Die Konkretisierung des Liberalismus wird am ehesten in der so genannten „freien Marktwirtschaft“ realisiert  In Deutschland hat sich seit dem  Zweiten Weltkrieg die „soziale Marktwirtschaft“ durchgesetzt. Diese durchaus dem Liberalismus verpflichtete Wirtschaftsordnung wird auch als "Ordoliberalismus" bezeichnet, weil dem Staat die Aufgabe zukommt, sowohl Privateigentum und freien Wettbewerb, also liberalistische Grundforderungen, zu schützen, als auch dann ordnend einzugreifen, wenn Konjunkturschwankungen festzustellen sind, die Geldwertstabilität gefährdet ist oder soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit bedroht sind. Derzeit wird allerdings vielfach eine „neue soziale Marktwirtschaft“ gefordert, die in ihren Grundzügen deutlich die Ansätze eines konsequenten Liberalismus zeigt.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es dann zu einer Massenarmut (Pauperismus). Kennzeichen dieser Massenarmut waren unmenschliche Arbeitsbedingungen, fehlende Bildungsmöglichkeiten, Wohnungsnot und fehlende Vorsorge für Krankheit und Alter. Dabei waren Alkoholismus und Prostitution sehr verbreitet. Hinzu kamen um das Jahr 1850 Hungersnöte in ganz Europa, die neben der Zunahme der Armut auch zu einer Auswanderungswelle nach Amerika führten.
Die Kirche reagierte unterschiedlich auf die sozialen Umwälzungen der industriellen Revolution. Zunächst erkannten nur einzelne Frauen und Männer die Bedeutung des Problems der neuen sozialen Frage. Erst spät, manche befürchten zu spät, nahm die Kirche als Institution ihre Mitverantwortung in der Lösung der sozialen Frage wahr.
Anfangs gab es kirchlicherseits keinen strukturellen Ansatz zur Beseitigung des Elends. Engagierte Menschen ergriffen allerdings die Initiative und schlossen sich zu „Caritas-Kreisen“ oder „Hilfsvereinen“ zusammen. Diese „Hilfsvereine“ waren unpolitisch. Sie leisteten ihre Hilfe „ex caritate“, also aus Nächstenliebe und vereinzelt „ex iustitia“, also aus politisch motivierten Gerechtigkeitsgründen. So wurden Lebensmittel gesammelt und an Bedürftige verteilt oder Suppenküchen eingerichtet. Während der grassierenden Cholera-Epidemien wurde die Krankenpflege organisiert. Die Hilfsvereine wurden zu den Wegbereitern der kirchlichen Sozialarbeit. Aus dem Geist dieser Vereine entstand später der Deutsche Caritasverband auf Initiative von Lorenz Werthmann (1897). Zudem entstanden neue, sogenannte karitative Orden wie z. B. die Vinzentinerinnen oder Barmherzigen Schwestern[5], die heute weltweit größte religiöse Frauenordensgemeinschaft. Die Vinzentinerinnen tragen den Namen ihres Gründers Vinzenz von Paul, der 1633 den Orden als eines der ersten Caritas-Werke ins Leben rief.
Eine politische Ausrichtung des Engagements für die sozial Schwachen erfolgte wohl erstmals durch Franz Josef Ritter von Buss und Bettina von Arnim.
Der Freiburger Professor Franz Josef Ritter von Buß (1803 bis 1878) war als Jurist Mitglied der zweiten Kammer des Badischen Landtags, 1848 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung und 1874 Mitglied des Deutschen Reichstages. 1848 war er Präsident des ersten deutschen Katholikentages in Mainz. Im Jahre 1837 hielt er eine Rede, die als erste sozialpolitische Rede eines deutschen Parlaments (gehalten in der badischen Zweiten Kammer) in die Geschichte einging. Die sogenannte „Fabrikrede“ forderte staatliche Maßnahmen zum Schutz der Arbeiter. Von Buß schlägt die Einrichtung von Sparkassen für die Arbeiter vor, setzt sich für Hilfskassen (Versicherungen) bei Krankheiten und Unfällen ein und bringt eine Gewinnbeteiligung der Arbeiter ins Gespräch. Buß fordert Einschränkungen bei der Kinderarbeit und bei der Arbeitszeit von Erwachsenen, darüber hinaus die Einhaltung von Kündigungsfristen. Schließlich weist er auf die Notwendigkeit einer angemessenen Aus- und Weiterbildung hin. Angesichts der sozialen Situation waren diese politischen Forderungen im Jahre 1837 geradezu visionär. Die „Fabrikrede“ blieb allerdings ohne Wirkung. Allerdings markiert sie neben der sozialen Tätigkeit der kirchlichen Hilfsvereine erstmals eine politische Einflussnahme für die sozial Schwachen aus christlicher Motivation.
Vereinzelt kamen auch pragmatische Initiativen auf. So begründete etwa Friedrich Wilhelm Raiffeisen (1818 bis 1888) die ersten Genossenschaften. Raiffeisen hatte die Idee der genossenschaftlichen Selbsthilfe wohl durch seine Tätigkeit als junger Bürgermeister vom Flammersfeld im Westerwald. Er erkannte die Notwendigkeit einer genossenschaftlichen Selbsthilfe durch die Leiden der Landbevölkerung, die durch Missernten oft auf Darlehen angewiesen waren und dabei Wucherern ausgeliefert waren. Deshalb gründete er die Darlehenskassenvereine, half so der Landwirtschaft und verhinderte deren Verelendung. Kennzeichen der Genossenschaften waren, dass deren Mitglieder wirtschaftlich selbstständig und dabei konkurrenzfähig blieben, weil sie die Beschaffung (von Geld und Saatgut) und die Verarbeitung der landwirtschaftlichen Produkte gemeinsam organisierten und damit rationalisieren konnten. Die einzelnen Mitglieder der Genossenschaften schlossen sich dabei zusammen, handelten nach außen gemeinsam und lebten in der Genossenschaft nach demokratischen Prinzipien. Dabei galt, dass sie grundsätzlich nach dem Prinzip der Selbsthilfe arbeiteten, sich im Notfall aber gegenseitig Hilfe leisteten. Nachdem untereinander weiterhin der Wettbewerb galt, waren die Genossenschaftsmitglieder zur Eigeninitiative gezwungen. Die Mitglieder konnten in den Genossenschaften auf juristische Vertretung und damit Rechtsschutz zählen.
Es gab allerdings auch Unternehmer mit sozialer Verantwortung. Die in diesem Zusammenhang ergriffenen Maßnahmen waren durchaus effektiv. Eine tatsächliche Verbesserung der schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter waren die konkreten Hilfeleistungen der Unternehmer. So bauten viele Fabrikherren Arbeiterwohnungen in Fabriknähe, wie die Krupp-Siedlungen in Essen, die zum Selbstkostenpreis vermietet wurden. Zudem wurden Fabrikschulen für die minderjährigen Arbeiter und Kinder der Arbeiter eingerichtet, die ihnen zu einer Grundbildung verholfen und ein wenig Abwechslung vom Fabrikalltag boten. Außerdem wurden sogenannte Hilfs- oder Pensionskassen eingerichtet, die gleichermaßen von Arbeitern wie Fabrikherren finanziert wurden. Manche Unternehmer verfügten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch feste Arbeitszeiten (wenngleich der Urlaubsanspruch mit etwa einer Woche noch sehr gering war) oder Kündigungsfristen. Die Motivation für derartige Maßnahmen war allerdings vielfach die Sorge, dass sich die Arbeiter sozialistischen Ideen anschließen würden. Zudem wurde erkannt, dass eine Bindung von zuverlässigen Arbeitern an eine Firma durchaus wirtschaftlich ist.
Verschiedentlich engagierten sich auch einzelne Personen in unterschiedlicher Weise, um dem Elend zu begegnen. 
Bettina von Arnim (1785 bis 1859) gilt als Ausnahmeerscheinung im christlich motivierten Engagement für die sozial Schwachen. Die Schwester von Clemens Brentano praktizierte ab 1830 öffentlich Solidarität mit den Armen und Unterdrückten (Cholerakranke in Berlin, exilierte Polen, Arme im Vogtland, schlesische Weber, politisch Verfolgte wie die Brüder Grimm oder auch Hoffmann von Fallersleben[6]). Bettina von Arnim lernte 1842 Karl Marx kennen. Ein Jahr später veröffentlichte sie den ersten Band einer Kritik am preußischen Feudalstaat[7]. Nachdem sie im Jahre 1844, im Jahr des schlesischen Weberaufstands in einem Inserat in den größten deutschen Zeitungen um Zusendungen von Material über die Situation der Armen in Deutschland bat, wurde sie vom Berliner Magistrat wegen Staatsbeleidigung zu zwei Monaten Haft verurteilt. Sie starb, enttäuscht vom Verlauf der Revolution im Jahre 1848, nach einem im Jahre 1854 erlittenen Schlaganfall schließlich im Jahre 1859 in geistiger Verwirrung. 
1844 kommt es in Schlesien zum Weberaufstand[8]. Auch hierbei versäumte es die Kirche, sich der verelendeten Massen anzunehmen. Kirchendistanz und Kirchenhass waren die Folge. Nach einem späteren Wort von Pius XI aus dem Jahre 1931 war es der große Skandal des 19. Jahrhunderts, dass die Kirche die Arbeiterschaft verloren hat.
Die Hilfe von einzelnen engagierten Laienbewegungen wie etwa der Vinzentinerinnen zielte auf eine religiös fundierte Gesinnungsreform und versäumte es, auf eine konkrete Verbesserung der Verhältnisse durch eine gerechte soziale Ordnung hinzuarbeiten. Das Motiv, das diese Bemühungen oft leitete, war das der Vertröstung auf das Jenseits, wo eine ausgleichende Gerechtigkeit für die Leiden des Diesseits in Aussicht gestellt wurde. Gerade diese Vertröstung gab Karl Marx den Anlass für seine Religionskritik. Dabei prägte er die Formulierung, dass Religion Opium des Volkes sei.
Auf evangelischer Seite wurde Pastor Johann Hinrich Wichern (1808-1881) zum Protagonisten in der Reaktion auf die soziale Frage durch die Kirche. Johann Hinrich Wichern gründete 1833 bei Hamburg das sogenannte „Rauhe Haus“, eine Erziehungsanstalt für sittliche gefährdete (Waisen-)Kinder. Er sah in der religiösen Erneuerung und in der Stärkung der Familie den eigentlichen Ausgangspunkt zur Lösung der sozialen Frage. Wichern initiierte die „Innere Mission“, worunter er eine zentrale Lebensform der Kirche selbst verstand (nicht eine Organisation neben der Kirche oder gar gegen sie), eine Regeneration des Innersten christlichen Lebens: der Barmherzigkeit. Das Ziel sollte die Befähigung der sozial Schwachen zur Selbsthilfe sein.
Die Innere Mission entwickelte sich zwar teilweise anders, als Wichern es sich vorgestellt hatte; vor allem wurde sie zu einer Institution neben der offiziellen Kirche, indem sie in freier Trägerschaft sozial tätig war. Doch Wicherns Impuls erreichte, dass alle freien diakonisch-missionarischen Aktivitäten im evangelischen Raum einem „Centralausschuss für die Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche“ untergeordnet wurden. Die Innere Mission lebt heute weiter im Diakonischen Werk – dem evangelischen Pendant zum Caritasverband und mit diesem partnerschaftlich zusammenarbeitend. 
Die von der industriellen Revolution am stärksten betroffene Bevölkerungsgruppe war die handwerkliche Unterschicht. Durch die Aufgabe des Zunftwesens war den „fahrenden Gesellen“ der soziale Boden unter den Füßen entzogen worden. Früher konnten sie bei Meistern in fremden Städten  ihr Handwerk vervollkommnen. Diese waren zur Aufnahme verpflichtet und mussten ihnen Kost und Logis gewähren. Durch die Maschinisierung im handwerklichen Bereich war es den meisten jetzt unmöglich, sich als Meister eine eigenständige Existenz aufzubauen. Sie schlugen sich als Handlanger und „Tippelbrüder“ durch. Der aus Kerpen (der Heimatstadt von Michael Schumacher) bei Köln stammende ehemalige Schuhmachergeselle und spätere Priester Adolf Kolping (1813 bis 1865) gründete 1849 den Katholischen Gesellenverein, das heutige Kolpingwerk (350.000 Mitglieder). Zentraler Gedanke Kolpings war es, den entwurzelten Gesellen ein Heim zu geben. Er stellte daher 1853 in Köln zunächst selbst ein Haus als Herberge und Bildungseinrichtung für Handwerksgesellen zur Verfügung. Papst Johannes Paul II sprach Adolf Kolping im Jahre 1991 selig. Sein Wahlspruch lautete: „Religion und Tugend, Arbeitsamkeit und Fleiß, Eintracht und Liebe, Frohsinn und Scherz." 
Die Kolping-Bewegung steht als erste geglückte katholische Sozialinitiative zwischen Gesinnungsreform und Strukturreform oder Zuständereform. Der Seelsorger Kolping erkannte, dass eine sittliche Besserung der Handwerksgesellen nur über eine Verbesserung der Lebensverhältnisse (und damit der Strukturen) zu erreichen ist. Eine umfassende Sozialreform im Sinne einer grundsätzlichen Lösung der Arbeiterfrage hatte er allerdings noch nicht im Sinn.
Genau den Ansatz der Veränderung der Strukturen verfolgte mit aller Entschiedenheit der aufkommende Sozialismus. Von Karl Marx ist das Zitat überliefert: "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern“. Der Großteil der Arbeiterschaft sah mit den Lehren von Marx und Engels für sich Unterstützung  mit Perspektive auf eine bessere Zukunft. Das  Kommunistische Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels (1848) verschaffte der Arbeiterschaft ein neues Selbstbewusstsein. Die Arbeiter sollten sich als eine eigene Klasse begreifen (Proletariat), die der Klasse des besitzenden Kapitals (Bourgeoisie) entgegen stand. Marx und Engels analysierten die ökonomischen Mechanismen der Zwei-Klassen-Gesellschaft. Sie erkannten die zentrale Bedeutung des Eigentums an den Produktionsmitteln, die Akkumulierung (Anhäufung) des Kapitals in den Händen weniger Kapitalseigner und den Warencharakter, zu welchem die menschliche Arbeit degenerierte. Das Manifest der kommunistischen Partei sieht im Klassenkampf den Motor der Geschichte, denn die Geschichte erscheint insgesamt als eine Geschichte von Klassenkämpfen. Der Marxismus setzte sich u. a. folgende Ziele: Die Vereinigung der Proletarier aller Länder und den gemeinsam geführten Klassenkampf, die Sozialisierung der Produktionsmittel und die Abschaffung des Privateigentums (das verstaatlicht werden sollte), den gewaltsamen Umsturz der bisherigen Gesellschaftsform, damit das Proletariat als herrschende Klasse die Produktionsverhältnisse und damit die Existenzbedingungen der Klassengesellschaft insgesamt aufheben kann und eine freie, klassenlose Gesellschaft, der Sozialismus[9] bzw. Kommunismus errichtet wird. Zusammen mit der Religionskritik von Marx („Religion ist Opium des Volkes“; bei Lenin heißt es später: „Religion ist Opium für das Volk“) war und ist der Materialismus des Marxismus mit seinem politischen Programm für die Kirche zunächst völlig indiskutabel. Zwar wurde eingeräumt, dass der Marxismus die Wirklichkeit in vielerlei Hinsicht zutreffend beschrieb, doch die zugespitzte revolutionäre Programmatik verhinderte die Akzeptanz dieser Analyse der politischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit[10].


Als
Sozialismus werden die im 19. Jahrhundert als Folge der Industrialisierung und der damit einhergehenden Verarmung der Arbeitermassen entstandenen Bewegungen verstanden, die die individualistische, liberal-kapitalistische Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung durch eine klassenlose, auf Gemeineigentum (Abschaffung des Privateigentums) und Gemeinwirtschaft gegründete Ordnung ersetzen wollten. Nach der Theorie von Karl Marx ist die Geschichte der Menschheit eine Geschichte von Klassenkämpfen. In der Zeit des 19. Jahrhunderts standen sich demnach das Proletariat (die Klasse der Arbeiter) und die Bourgeoisie (die Klasse der Besitzenden und Kapitalisten) geradezu unversöhnlich gegenüber. Die bestehenden Widersprüche müssen - nach Ansicht der Protagonisten des Sozialismus, Marx und Engels, durch eine soziale Revolution, die weit über nationale Grenzen hinausgeht, überwunden werden, damit der Aufbau einer gerechteren Welt möglich wird. Diese Revolution durch gewaltsamen Umsturz wird mit dem Slogan "Proletarier aller Länder, vereinigt euch" gefordert und soll zur "Diktatur des Proletariats" führen. Damit soll eine freie und klassenlose Gesellschaft errichtet werden, weil dann die Existenzbedingungen der Klassengesellschaft überhaupt aufgehoben sein werden.
Kennzeichen des Sozialismus sind:
- Das (Privat-)Eigentum ist die Wurzel allen Übels, der "Sündenfall" schlechthin. Deshalb muss das Eigentum abgeschafft werden. In der Terminologie von Marx und Engel heißt dies die "Expropriation der Expropriateure".
- Lohn wird als Zeichen der Ausbeutung und Abhängigkeit verstanden. Deshalb wird die Abschaffung des Lohnes durch Übernahme der Produktionsmittel durch die Gesellschaft gefordert. Der Staat, das Kollektiv, sorgt dann für den Lebensunterhalt der Menschen. Die Gefahr, dass damit neue Abhängigkeiten entstehen, wird nicht berücksichtigt.
- Die Arbeit erschafft den Menschen. Arbeit ist das Mittel der Persönlichkeitsentfaltung innerhalb der kollektiven Gesellschaft.
- Die Produktionsmittel müssen sozialisiert, also der Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden. Das Privateigentum muss abgeschafft werden.
Der Sozialismus unterscheidet sich dabei insofern vom Kommunismus (ursprünglich wurden die Begriffe quasi synonym gebraucht), als dass im Sozialismus die Produktionsmittel (Boden, Kapital, Arbeit), die Produktion und die Güterverteilung in den Händen der Gesellschaft (bzw. des Staates) liegen, im Kommunismus dagegen soll jeder den gleichen Zugang zu den Verbrauchsgütern haben. Die Staatsgewalt ist – nach der Vorstellung von Marx und Engels - im Kommunismus weggefallen und durch freiwillige Zusammenarbeit ersetzt worden (also der Idealzustand).
Die folgenden Ausführungen sind der Internetseite http://www.geschi.de/artikel/sozfrage19j.shtml entnommen:
"In seinem Hauptwerk „Das Kapital", dessen erster Band 1867 herausgegeben wurde, stellt Marx in verschiedenen Theorien die Entwicklung vom Kapitalismus zum Kommunismus, der eine radikalisiertere Form des Sozialismus ist, dar :
In der kapitalistischen Wirtschaft wird menschliche Arbeitskraft als eine Ware betrachtet, deren Preis, wie auch bei jeder anderen Ware, sich nach den Herstellungskosten richtet. Der Preis menschlicher Arbeit entspricht also dem Wert jener Dinge, die der Arbeiter unbedingt braucht, um seine Arbeitskraft zu erhalten (Existenzminimum). Der Wert der geleisteten Arbeit übersteigt aber den Lohn, den er vom Unternehmer erhält (Mehrwerttheorie).
Diesen Mehrwert behält der Unternehmer als Gewinn für sich. Er vermehrt damit sein Kapital, das in den Betrieb investiert wird, um neue verbesserte Maschinen anzuschaffen und um die Güterproduktion auszuweiten. Durch den akkumulierten Mehrwert werden die Kapitalisten immer reicher (Akkumulationstheorie).
Die Anhäufung des Kapitals konzentriert sich immer mehr in den Großbetrieben, während die kleineren Betriebe zurückbleiben und ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Auch die Kapitalisten schalten sich durch die erbarmungslose Konkurrenz gegenseitig aus, um den Profit zu vergrößern. Am Ende befinden sich alle
Produktionsmittel in den Händen Weniger (Konzentrationstheorie).
Die Vervollkommnung der maschinellen Produktion erspart Arbeitskräfte. Viele Arbeiter werden arbeitslos und um nicht zu verhungern, müssen die Proletarier für weniger Lohn arbeiten, was zu einer Massenverarmung führt (Verelendungstheorie).
Während durch den technischen Fortschritt die Produktion immer weiter steigt, sinkt die Kaufkraft der verelendeten Massen. Die allgemeine Überproduktion führt periodisch zu Krisen, die schließlich ein solches Ausmaß annehmen, dass die Möglichkeiten der kapitalistischen Produktionsweise erschöpft sind (Krisentheorie).
Nun können die zum Klassenbewusstsein erwachten Proletarier die Macht übernehmen: Die Expropriateure werden expro
p
riiert. (Zusammenbruchstheorie).
In einer Übergangsphase herrscht die revolutionäre Diktatur des Proletariats. Sie beseitigt alle Klassenunterschiede während eine aus einer allgemeinen und geheimen Wahl hervorgegangene Körperschaft gleichzeitig die gesetzgebende und die ausführende Gewalt ausübt. Ist die klassenlose Gesellschaft errichtet, wird der Staat überflüssig, denn nach der Auffassung von Marx haben in der Geschichte jeweils nur die Besitzenden die Macht im Staat ausgeübt und diese dazu benutzt, die Besitzlosen auszubeuten und zu unterdrücken."

Sozialismus und Kommunismus prägten seit der Oktoberrevolution im Jahre 1917 das Gesellschaftssystem in Russland und später in der Sowjetunion. Nach dem II. Weltkrieg wurde die Ideologie auf die Ostblockstaaten ausgedehnt. Um das Jahr 1990 wurden die kommunistischen Regimes allerdings gestürzt. Die Umsetzung der sozialistischen Lehre entwickelte sich als meilenweit von den utopischen Ideen von Marx und Engels entfernt. Der „real existierende Sozialismus“ war eine totalitäre Diktatur mit einem Staatsmonopol in den Händen weniger. Demokratie und individuelle Freiheit hatten in dem Kommunismus sowjetischer Prägung keinen Platz.
Im Westen entwickelte sich der Sozialismus zu einer gemäßigten Form. Als „demokratischer Sozialismus“ verfolgte diese Form des Sozialismus nicht die Weltrevolution, sondern wollte durch soziale Reformen (Reformismus) die Situation der Arbeiterschaft verbessern (vgl. Gründung der SPD, die 1890 aus der Sozialistischen Arbeiterpartei, einem Zusammenschluss des Allgemeinen Deutschen Arbeitsverein (von Ferdinand Lassalle gegründet) und der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei hervorging. Ursprünglich vertrat die SPD tatsächlich noch einen ausgesprochenen Marxismus, wie sie es etwa im Erfurter Programm von 1891 noch festlegte.).
Der Sozialismus und der Kommunismus wurden von Seiten der Kirche immer bekämpft. Dabei war allerdings insbesondere die marxistische Religionskritik inakzeptabel. Für Marx war Religion "Opium des Volkes", weil seiner Überzeugung nach durch die Vertröstung auf das Jenseits die Aktivität im Diesseits verhindert wurde. Im Übrigen schloss er sich der Religionskritik von Ludwig Feuerbach an, für den die Religion eine Projektion des Menschen war.

Einen stärkeren Einfluss auf die katholische Soziallehre hatte eher der sozialistische Ansatz von Ferdinand Lassalle (1825 bis 1864; er starb übrigens an den Folgen eines Duells). Lassalle war zeitweise Weggefährte von Marx und teilte mit ihm die soziale Analyse ebenso wie die politische Zielsetzung. Er unterschied sich jedoch grundlegend in der Methode. Lassalle strebte eine Sozialreform an, nicht die Abschaffung des gegenwärtigen Gesellschaftssystems insgesamt. Die Sozialisten müssten den Staat vielmehr als Instrument für ihre Interessen gewinnen. Zu diesem Zweck übernahm er den Vorsitze im „Algemeinen Deutschen Arbeiterverein“ im Jahre 1863. Da das Proletariat zahlenmäßig die Mehrheit des Volkes stellte, erwartete Lassalle früher oder später die Mehrheit in den Parlamenten und damit den notwendigen politischen Einfluss für seine Ideen. August Bebel (1840 bis 1913) und Wilhelm Liebknecht (1826 bis 1900) entwickelten den reformorientierten Sozialismus weiter, der heute in den sozialdemokratischen Parteien beheimatet ist.
Neben dem „Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“ Lassalles gab es zahlreiche katholische und interkonfessionelle Arbeitervereine, die sich meist „christlich-sozial“ nannten und neben Arbeitern auch Bauern und Handwerker in ihren Reihen hatten. Heute vertritt u. a. die KAB (Katholische Arbeitnehmer-Bewegung) als Verband (also keine politische Partei!) die Rechte katholischer Arbeitnehmer/-innen.
Der preußische Staat und in dessen Gefolge das Deutsche Reich (gegründet 1871 auf Initiative Bismarcks mit der Proklamation des preußischen Königs zum Kaiser Wilhelm I) bekämpfte lange Zeit die Arbeiterbewegungen. So wurden 1878 sozialdemokratische Parteien, Vereine und Hilfseinrichtungen durch das sogenannte „Sozialistengesetz“ (galt bis 1890) verboten. Auch die katholische Kirche und die ihr nahe stehende Zentrumspartei wurden im sogenannten „Kulturkampf“ (1871 bis 1887) unterdrückt. Im Rahmen des Kulturkampfes wurden u. a. die Zivilehe und die staatliche Schulaufsicht eingeführt, per „Kanzelparagraph“ politische Einflussnahme von der Kanzel untersagt und der Jesuitenorden verboten. Dennoch führte die „soziale Frage“ im 19. Jahrhundert schließlich zu bahnbrechenden und noch bis heute in den Grundzügen geltenden Sozialgesetzen. 1883 wurden Krankenkassen eingerichtet, 1884 Unfallversicherungen sowie 1889 eine Invaliditäts- und Alterssicherung.
Mit all diesen Maßnahmen (Genossenschaften, Sozialgesetzgebung, Einzelinitiativen, Sozialleistungen einzelner Unternehmer) verbesserte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Situation der Arbeiter zusehends.
Die Kirche hatte allerdings zu diesem Zeitpunkt die Arbeiterschaft schon weitgehend „verloren“. Lange Zeit wurde die Dringlichkeit der „sozialen Frage“ einfach nicht erkannt. Verschiedene Ansätze – wie sie oben geschildert wurden – beschäftigen sich vielfach nur mit den Symptomen der Armut, eine Konzeption von katholischer oder evangelischer Seite, wie gegen die Armut strukturell und politisch vorgegangen werden könnte, gab es nicht. Selbst der Ansatz von Bischof Wilhelm Emanuel von Ketteler (1811 bis 1877) ging erst spät, vielleicht zu spät, im Jahr 1891 in die erste Sozialenzyklika mit dem Titel „Rerum novarum“ von Leo XIII in die Kirchenpolitik ein.
Bischof W. E. von Ketteler war zunächst Jurist, bevor er 1844 nach einem Theologiestudium zum Priester geweiht wurde. Neben seiner kirchlichen Karriere (er wurde 1850 Bischof von Mainz) war er auch politisch aktiv. So war er 1848 Mitglied der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche und im Jahre 1871 ein Jahr lang Abgeordneter der Zentrumspartei im Reichstag. Ketteler entwickelte mehrere Ansätze zur Lösung der sozialen Frage, wobei er über die karitative Nächstenliebe hinaus zu einer Strukturreform aufrief. Die Besonderheit der Überlegungen Kettelers werden zuweilen auch als Entwicklung von einer Gesinnungsreform (karitative Fürsorge aus der Gesinnung der Nächstenliebe heraus) zu einer Zuständereform (oder Strukturreform) bezeichnet. Die Hilfe aus der Gesinnung der Nächstenliebe ändert nun mal nichts an den Strukturen der Ungerechtigkeit. Erst die Veränderung der sozialen und politischen Strukturen kann zu einer gerechten Gesellschaftsordnung führen. Die Kirche sollte also nicht nur „ex caritate“ (Gesinnungsreform), sondern auch „ex iustitia“ (Zuständereform) helfen und gleichzeitig die Verantwortlichen für das Massenelend anprangerte. Bekannt geworden sind seine „Adventspredigten zu den großen sozialen Fragen der Gegenwart“ aus dem Jahre 1848. In  diesen verurteilt er die „Herzenshärtigkeit der Besitzenden“ und tritt für „heroische Nächstenliebe“ ein. Später fordert er politische Maßnahmen, also Gesetze, um die sozialen Missstände zu beseitigen. Die Forderungen Kettelers werden meistens in vier Ansätzen zusammengefasst.
- Der sozial-ethische Ansatz geht von der Schöpfungslehre aus. Danach war Ketteler überzeugt davon, dass der eigentliche Eigentümer der Welt Gott sei. Den Menschen räumte er letztlich nur ein Nutzungsrecht über die Erde und deren Güter ein, wobei die Ordnung Gottes und seine Weisungen (vgl. Dekalog) einzuhalten sind, die die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit einschließen. Das Recht auf Eigentum wird von ihm zwar nicht bestritten. Die Verfügung über das Prrivateigentum hat sich allerdings dem allgemeinen Nutzungsrecht zum Wohle aller unterzuordnen.
- Der ökonomische Ansatz nimmt die Sozialpartner „Arbeitgeber“ und „Arbeitnehmer“ in den Blick. Die Ersetzung des modernen Industriesystems (wie sie etwa Karl Marx durch die Revolution des Proletariats forderte) schien ihm unrealistisch. Deshalb sollten die Arbeitnehmer durch Zusammenschlüsse in Gewerkschaften oder sogenannten „Produktiv-Assoziationen“ dem Angebotsmonopol an Arbeitsplätzen durch die Unternehmer ein Angebotskartell an Arbeitskraft entgegen setzen. Auf diese Weise sollten die Arbeitsbedingungen mit der Kapitalseite ausgehandelt werden, um schließlich in einer Umgestaltung der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung den Gegensatz von Kapital und Arbeit aufzulösen. Letztlich wollte Ketteler die Klassengegensätze zwischen Arbeitern und Unternehmern (Besitzenden) durch Eigentumsbildung in den Händen der Arbeitnehmer aufheben.
- Der sozial-karitative Ansatz war als Sofortmaßnahme zur Linderung der unsäglichen und weit verbreiteten Not gedacht. Die Kirche muss demnach sofort „ex caritate“ (aus Nächstenliebe) mit dem „größten Liebeswerk des Jahrhunderts“ die Not lindern. Mit den Werken der Nächstenliebe, so war Ketteler überzeugt, könne die Kirche die wahre Jüngerschaft und Nachfolge Jesu Christi offenbar werden lassen. Diese sehr konkrete Form der Nächstenliebe geht seiner Meinung nach noch dem politischen Ansatz voraus. 
- Schließlich forderte Ketteler in seinem politischen Ansatz den Staat auf, per Gesetzesregelungen die Gestaltung der sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu regeln und den Schutz der Arbeiter sicher zu stellen. Insbesondere sollte ein Verbot der Kinderarbeit erlassen werden, eine generelle Arbeitszeitverkürzung (selbst Kinder arbeiteten im Jahre 1825 bis zu 16 Stunden, Erwachsene gar bis zu 18 Stunden) stand ebenso auf seinem Forderungskatalog wie die Einrichtung der Sonn- und Feiertagsruhe, Entschädigungsregelungen für Arbeits-Invalidität und die staatliche Kontrolle der Arbeitsbedingungen.
Die Einführung der Sozialgesetzung im Deutschen Reich erlebte der im Jahr 1877 verstorbene Bischof nicht mehr.
Papst Leo XIII, der im Jahre 1891 die erste Sozialenzyklika (Enzykliken sind Rundschreiben oder Lehrschreiben eines Papstes an Bischöfe und Gläubige ohne Anspruch auf „Unfehlbarkeit“) veröffentlichte, bezeichnete Bischof Ketteler als seinen „großen Vorgänger“. Er nahm in der Enzyklika „Rerum novarum“ (deutscher Titel: Der Geist der Neuerung) einige Forderungen Kettelers auf. Anlass der Enzyklika war allerdings die Abgrenzung vom Sozialismus und dessen Eigentumslehre. Papst Leo räumte dem Menschen sehr wohl ein „Recht auf Eigentum“ ein und bezeichnete dies gar als „Naturrecht“. Zugleich forderte er aber Lohngerechtigkeit (der Lohn müsse als Familienlohn die Existenz einer Familie sichern, ohne dass Frauen und Kinder arbeiten mussten), das Koalitionsrecht für Arbeitnehmer (weil dieses ein Grundrecht der Menschen ist und den Arbeitern die Möglichkeit gibt, ihre Interessen gegenüber dem Kapital und den Unternehmern zu vertreten), die Solidarität mit den Schwächeren (aus humanitären Gründen und als Konsequenz aus der Forderung der Nachfolge Jesu Christi, vgl. Mt 25, 40) und eine Sozialgesetzgebung des Staates (die Staatsintervention sollte Schutzgesetze und Maßnahmen der Sozialversicherung für die benachteiligten gesellschaftlichen Gruppen verfügen) . Gerade diese Forderung muss als Maßnahme gegen den Wirtschafts-Liberalismus gesehen werden, der jegliche staatliche und politische Einflussnahme in Wirtschaftsabläufe ablehnte. Dem Staat kam – nach der Vorstellung des Liberalismus – nur die Rolle eines „Nachwächterstaates“ zu, der also für Ruhe und Ordnung sorgen musste.
So ist die Enzyklika durchaus als Kritik am Liberalismus bei gleichzeitiger Ablehnung des Sozialismus zu bewerten.
Die Enzyklika „Rerum novarum“ war Anlass für weitere Sozialenzykliken in der Geschichte der Kirche. So setzte sich Pius XI im Jahre 1931 (40 Jahre nach Rerum novarum) in seiner  Enzyklika mit dem Titel „Quadragesimo anno“ mit der marxistisch-leninistischen Revolution in Osteuropa auseinander. Er betonte das Recht auf Eigentum und dessen Sozialpflichtigkeit (vgl. GG Art. 14, Abs. 2: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“) und entwickelte die Subsidiarität als ein Prinzip der katholischen Soziallehre.


Katholische Soziallehre als "dritter Weg"
Die Katholische Soziallehre, die sich auf biblische Grundlagen (Gottebenbildlichkeit des Menschen, Schöpfungsauftrag, Dekalog, prophetische Kritik an unsozialen Umständen, Gebot der Nächstenliebe, Reich-Gottes-Botschaft Jesu) stützt und ihre Weiterentwicklung in der Tradition der katholischen Kirche sieht (mit der Entwicklung der Prinzipien Personalität, Solidarität, Subsidiarität, Gemeinwohl und Nachhaltigkeit) wird häufig als sogenannter "dritter Weg" in Abgrenzung vom Liberalismus und Kommunismus verstanden. So grenzten sich mehrere Enzykliken immer auch von diesen Ansätzen ab. Die frühen Rundschreiben der Päpste, etwa "Rerum novarum" oder "Quadragesimo anno" lehnten dabei entschieden den Sozialismus und Kommunismus ab und vertraten so etwas wie einen Liberalismus "mit christlichem Angesicht". Die Enzyklika "Centesimus annus" von Papst Johannes Paul II aus dem Jahre 1991 grenzte sich dagegen deutlich von den Fehlformen eines unbeschränkten Kapitalismus ab. 
Kennzeichen der Katholischen Soziallehre sind u. a.:
- Das Eigentum hat durchaus Individual-, aber auch Sozialfunktion. Es wird also ein Recht auf Eigentum postuliert. Dieses gilt allerdings nicht unumschränkt.
- Bezüglich des Lohns wird ein "gerechter Lohn" oder "Familienlohn" eingefordert. Zudem wird das Recht auf Gewinnbeteiligung, Mitbestimmung in Tariffragen und bei der Gestaltung des Arbeitslebens angemahnt
.
- In Bezug auf das Verhältnis von Arbeit und Kapital gilt der Grundsatz "Arbeit vor Kapital", d. h. die Arbeit des Menschen hat Vorrang vor dem Kapital, weil dieses immer Frucht der Arbeit ist. Zudem wird der Arbeit des Menschen mehr Bedeutung zugemessen als nur die des Broterwerbs. Arbeit bedeutet demnach auch Selbstverwirklichung des Menschen und Anteil am Schöpfungsauftrag Gottes. 
- Der Ausgleich und letztlich die Beseitigung der Klassen (vgl. Sozialismus) geschieht nicht durch Revolution, sondern durch Evolution (Entwicklung), nämlich dadurch, dass durch Mitbestimmung, Miteigentum, Gewinnbeteiligung und Mitverantwortung der Gegensatz zwischen Arbeitern und Besitzenden zusehends überwunden wird.

Papst Johannes XXIII erklärte in seiner Enzyklika "Mater et magistra" die Menschenwürde zum obersten Prinzip. In "Pacem in terris" entwickelte er seine Vorstellung vom Frieden in der Welt, der nur durch den weltweit ausgedehnten "Gemeinwohl"-Gedanken möglich sei.
In der Konstitution über die Kirche in der Welt von heute mit dem Titel "Gaudium et spes" (Freude und Hoffnung), die eines der zentralsten Dokumente des II. Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) wurde, werden die Prinzipien der katholischen Soziallehre noch einmal zusammenfassend dargestellt. Die soziale Gerechtigkeit wird als Voraussetzung für Frieden genannt.
Im Jahre 1967 veröffentlichte Papst Paul VI die Enzyklika "Populorum progressio" (Fortschritt der Völker), wobei er ansgesichts der damals als "Dritte-Welt-Problematik" bezeichneten Situation der Ungerechtigkeit zwischen den industrialisierten Staaten des Nordens und den Entwicklungsländern des Südens (Afrika, Asien, Lateinamerika) die weltweite Solidarität eingefordert wurde.
In der Enzyklika "Laborem exercens" von Papst Johannes Paul II wird der Grundsatz "Arbeit vor Kapital" formuliert. Arbeit darf nicht als Ware verstanden werden, sondern entwickelt sich aus der in der Gottebenbildlichkeit begründeten Menschenwürde und der Personalität des Menschen. Dabei ist jede Arbeit grundsätzlich gleichwertig. Johannes Paul II entwickelt in dieser Enzyklika gar eine "Theologie der Arbeit", wobei er auch darauf eingeht, dass der Mensch sich in der Arbeit selbst verwirklicht und Sinn in seinem Leben erfährt. In "Sollicitudo re socialis" (Sorge um das Soziale) wird Solidarität als Antwort auf das Elend der Welt gefordert. Zugleich wird sowohl der Kapitalismus als auch der Marxismus kritisiert.
100 Jahre nach "Rerum novarum" ging Johannes Paul II in seiner Enzyklika „Centesimus annus“ darauf ein, dass die soziale Frage mittlerweile eine weltweite ist. Er forderte die „Option für die Armen“ weltweit und damit internationale Regelungen, damit die „Schere des Reichtums“ zwischen Nord und Süd nicht noch weiter aufgehe. Das „freie Spiel der Kräfte“, wie es im Zeitalter der Globalisierung und dem damit einhergehenden Neoliberalismus gilt, könne die weltweiten sozialen Probleme nicht  lösen. Geboten seien in diesem Zusammenhang der Zugang der bisher ausgegrenzten Völker zur allgemeinen Entwicklung sowie die Veränderung der Lebensweisen und der Machtstrukturen zugunsten der Armen. Nach dem Zusammenbruch des „real existierenden Sozialismus“ ging 1991 Papst Johannes Paul II sehr deutlich auf die Gefahren des liberalen Kapitalismus ein und warnte vor einer drohenden Entfremdung des Menschen durch den weit verbreiteten Konsumismus.
Zudem galt 1991 die Sorge des Papstes den neuen Formen von Armut, wie sie sich etwa in kultureller oder religiöser Armut und Entfremdung, aber auch im Elend der Flüchtlinge und Emigranten zeige.


[1] Leibeigenschaft bedeutet die persönliche Abhängigkeit des zu Frondienst und bestimmten Abgaben verpflichteten bäuerlichen Hintersassen, wie früher ein zinspflichtiger Bauer genannt wurde, von seinem Herrn; in Ostdeutschland gab es die Leibeigenschaft in der Form der Erbuntertänigkeit bis etwa 1850
[2] Zünfte oder Gilden waren Verbände von Handwerkern, Gewerbetreibenden und anderer Berufsgruppen einer Stadt, die ihren zumeist zwangsverpflichteten Mitgliedern wirtschaftlichen Schutz gewährten und deren Leistungen überwachten. Die Zünfte verloren schließlich 1868 im Norddeutschen Bund, der von 1866 bis zur Reichsgründung im Jahre 1871 aus Preußen und 17 norddeutschen Kleinstaaten bestand und von Bismarck geschaffen wurde, ihre Rechte durch Einführung der Gewerbefreiheit.
[3] Zum Begriff Wirtschaftsliberalismus siehe „Kasten“.
[4] Proletarier wurden ursprünglich die besitzlosen Bürger im alten Rom genannt, die nicht einmal den niedrigsten Steuersatz zahlten. In der Zeit der industriellen Revolution wurde der Begriff allgemein auf die besitzlosen Massen bezogen, v. a. eben auf die Fabrikarbeiter. Im Marxismus ist das Proletariat die Klasse der Lohnarbeiter, Träger des Klassenkampfs gegen die kapitalistische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Bekannt wurde die Forderung von Karl Marx und Friedrich Engels im letzten Satz Kommunistischen Manifests aus dem Jahre 1848: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch“. Die Schrift beginnt übrigens mit den Worten: „Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus“.
[5] Die erste Gründung des eigentlich schon seit dem 17. Jahrhundert bestehenden Ordens in Deutschland erfolgte im Jahre 1852 in Köln.
6] Von Hoffmann von Fallersleben stammt der Text der heutigen Nationalhymne Deutschlands, den er 1841 schrieb.  Die Melodie ist von Joseph Haydn aus dem Jahr 1781. Der Text mit der ersten Strophe „Deutschland, Deutschland über alles...“ wurde 1922 zur Nationalhymne, seit 1952 wird nur noch die dritte Strophe als offizielle Hymne gesungen (Einigkeit und Recht und Freiheit...).
[7] Unter Feudalismus versteht man die besonders im späten Mittelalter auf Grundlage des Lehnswesens ausgebildete Herrschaftsform mit besonderen Privilegien des grundbesitzenden Adels, die eben in Preußen noch bis ins 19. Jahrhundert andauerte.
[8] Der Weberaufstand wurde von Gerhard Hauptmann in seinem Drama „Die Weber“ literarisch verarbeit. Das 1892 erschienene Bühnenstück gilt als Hauptwerk des deutschen Naturalismus. Übrigens klingt auch in Hauptmanns Drama eine gewisse Kritik an dem zögerlichen Halten der Christen gegenüber den aufständischen Webern an.
[9] Zum Begriff des Sozialismus siehe "Kasten".  
[10] Ende des 20. Jahrhunderts ging allerdings sozialistisches Gedankengut in die sogenannte „Theologie der Befreiung“ in Lateinamerika ein. Dieser Ansatz, der sich durch eine explizite „Option für die Armen“ auszeichnet, galt (und gilt zuweilen noch immer) in der katholischen Kirche allerdings als suspekt.

Literatur:
http://www.geschi.de/artikel/sozfrage19j.shtml, 21.05.2004
Chronik des Christentums, Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh/München 1997, S. 350f
Abitur, Prüfungsaufgaben mit Lösungen, Religion r.-k., Grundkurs, Stark-Verlag, Freising 1993
Der Brockhaus in einem Band, Verlag F.A. Brockhaus, 8. vollst. überarb. und aktualisierte Auflage, Leipzig 1998
Johannes Kaiser, Abiturtraining Katholische Religion 1, Stark-Verlag, Freising 1997, S. 135 bis 199