Wahlen und Mehrheiten
"In Vereinen, Staaten, Gebiets- und anderen Körperschaften vorgesehenes Verfahren, um repräsentative Entscheidungsorgane auf Zeit zu bestellen", so eine Definition im Lexikon und weiter: "Die Gewählten erhalten ihren Auftrag und ihre Legitimation (Berechtigung) durch ihre Wähler, die in einem vorher festgelegten Verfahren ihren Willen äußern."
Exkurs:
Wahlrecht - vom Privileg zum Bürgerrecht. Frauen erst seit 1919 wahlberechtigt.
Noch vor 200 Jahren durften nur diejenigen wählen, die Geld und Land
besaßen. Die preußische Ständeverordnung sah vor, dass nur die das
Wahlrecht hatten, die mindestens 150 bis 200 Taler im Jahr verdienten. Gewählt
werden durften nur Grundbesitzer.
Auch nach dem Wiener Kongress, der eine Neuordnung Europas nach den
napoleonischen Kriegen erbrachte, war das Wahlrecht an Grundbesitz, Einkommen
und bestimmte Ämter gebunden. 1848 wurde die verfassunggebende
Nationalversammlung quasi demokratisch gewählt (wobei allerdings noch immer nur
Männer wahlberechtigt waren). In Preußen wurde per Verordnung das Dreiklassenwahlrecht
eingeführt, wonach die Wähler nach ihrem Steueraufkommen in 3 Klassen
unterteilt wurden. Die jeweiligen Klassen wählten ihre Wahlmänner, die
wiederum die Abgeordneten. Dabei konnte allerdings die kleine Gruppe der
Hochbesteuerten genauso viele Wahlmänner wählen wie die viel größere Gruppe
der niedriger Besteuerten.
Otto von Bismarck setzte dann 1867 im Norddeutschen Bund und schließlich
1871 für die Wahlen zum Reichstag des neu gegründeten Deutschen Reiches das
allgemeine, gleiche und unmittelbare Wahlrecht durch. Frauen waren dabei noch
nicht unter "gleich" mitgedacht. Sie duften erst nach dem ersten
Weltkrieg wählen. So war es im Jahre 1919 als erstmals alle Bürger, die
mindestens 21 Jahre alt waren, die verfassungsgebende Nationalversammlung
wählten.
Im Grundgesetz, das am 23. Mai 1949 in Kraft trat, wurde das allgemeine,
gleiche, geheime und unmittelbare Wahlrecht verankert. Dies gilt bis auf den
heutigen Tag. Das aktive Wahlalter wurde 1970 auf 18 Jahre festgesetzt.
Mandat
Unter Mandat
versteht man den "Auftrag" des von den Wahlberechtigten in eine
parlamentarische Körperschaft (z. B. Gemeinderat, Landtag, Bundestag usw)
entsandten Vertreters. Das Verhältnis zu den Wählern kann auf einem imperativen
Mandat beruhen. Dann hat der Abgeordnete den ihm aufgetragenen detaillierten
Wünschen zu entsprechen. Beim freien Mandat sind die Abgeordneten
Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur
ihrem Gewissen unterworfen (so z. B. in der Bundesrepublik Deutschland nach Art.
38 des Grundgesetzes).
Mehrheitsprinzip
Mehrheitsprinzip
meint den Grundsatz, nach dem die Entscheidung der Mehrheit einer Körperschaft
oder Versammlung verbindlich ist. In der Regel genügt die
- einfache oder relative Mehrheit, also die vergleichsweise höchste Stimmenzahl (also
wenn z. B. drei Personen für ein Amt kandidieren, gewinnt diejenige mit der
höchsten Stimmenzahl).
- absolute und qualifizierte Mehrheit, z. B. absolute Mehrheit (das sind 50 % der
Stimmen + 1 Stimme) oder sogenannte "qualifizierte Mehrheit", wie etwa
eine 2/3-Mehrheit oder gar eine 3/4-Mehrheit der
abgegebenen Stimmen. Manche Wahlen benötigen auch Einstimmigkeit.
Beispiele:
-> Bei der Wahl des Bundespräsidenten ist in den ersten beiden Wahlgängen
die absolute Mehrheit der Stimmen der Bundesversammlung nötig, in einem evtl.
erforderlichen dritten Wahlgang genügt die einfache Mehrheit, also die höchste
Stimmenzahl.
-> Bei der Papstwahl im Konklave, also in einem streng abgeschlossenen Raum (in
der Sixtinischen Kapelle), wählen die ernannten Kardinäle unter 80 Jahren den
Papst mit einer 2/3-Mehrheit. Ist diese für einen Kandidaten erreicht, wird mit
weißem Rauch und der Formulierung "habemus papam" (= wir haben einen
Papst) die erfolgte Wahl bekannt gegeben.
-> Grundgesetzänderungen sind nur mit alternativer Formulierung und einer
2/3-Mehrheit möglich.
-> Vereinssatzungsänderungen erfordern normalerweise eine 2/3- oder gar
3/4-Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
-> Der Europäische Rat (also die Regierungschefs der Europäischen Union)
entscheidet mit Einstimmigkeit.